Moderne Lebensmitteltechnik macht Veganer froh

Quakenbrück/Hannover (dpa) - Moderne Technik macht es möglich, Lebensmittel zu produzieren, die wie Fleisch schmecken, aber rein pflanzlich sind. Könnte das der veganen Lebensweise zum Durchbruch verhelfen?

Quakenbrück/Hannover (dpa) - Moderne Technik macht es möglich, Lebensmittel zu produzieren, die wie Fleisch schmecken, aber rein pflanzlich sind. Könnte das der veganen Lebensweise zum Durchbruch verhelfen?

Es riecht wie Fleisch, es fühlt sich an wie Fleisch, es schmeckt wie Fleisch - besteht aber zu 100 Prozent aus pflanzlichen Rohstoffen. Das ist keine Zukunftsmusik mehr. In den USA liegen solche Produkte schon in einigen Supermärkten, und bald könnte es sie auch in Europa geben. Das prophezeit der Chef des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik in Quakenbrück bei Osnabrück, Volker Heinz.

„Es ist kein Problem, auf der Basis von Pflanzenproteinen Produkte herzustellen, die aus dem Fleischwarenbereich bekannte Strukturen nachbilden“, sagt Heinz. Die überraschenden Möglichkeiten, die pflanzliches Eiweiß in der Nahrungsmittelbranche bietet, war ein Thema der Fachmesse Biotechnica (8. bis 10. Oktober) in Hannover.

Im Moment spricht Heinz noch von einem Ersatz für Hühner- oder Putenfleisch. „Ein Analog-Produkt zum Rindfleisch, zum Rindersteak lässt sich auf die Art und Weise nicht herstellen.“ Aber immerhin, die Qualität des „pflanzlichen“ Geflügelfleisches sei so gut, dass die meisten Verbraucher einen Unterschied zum „tierischen“ Original kaum bemerken dürften. Auf jeden Fall eröffne sich mit solchen Produkten die Chance, dass vegane, also rein pflanzliche Lebensmittel bei den Verbrauchern deutlich populärer werden könnten, sagt Heinz.

Vielleicht gibt es bald auch Ersatzprodukte in besserer Qualität als Fleisch. Schweine werden in der heutigen Massentiermast in der Regel in sechs Monaten zur Schlachtreife geführt, Hühner in 30 Tagen. „Da können sie keinen Schinken in Serrano-Qualität produzieren“, sagt Heinz. Aber ein pflanzliches Analog-Fleischprodukt sei möglich.

Werden wir also nach der Agrar- und der Energiewende auch eine Nahrungsmittelwende erleben? Weg vom Fleisch, mit all seinen bedenklichen ökologischen Folgen, etwa fürs Klima oder das Grundwasser? Ganz zu schweigen von der zunehmenden Kritik von Tierschützern an der Massentierhaltung? Christian Vagedes, Gründer der Veganen Gesellschaft Deutschland, glaubt an dieses Szenario durchaus. „Die Techniker sind so fleißig und so erfinderisch, dass wir Dinge erleben werden, die wir bislang nicht für möglich gehalten haben“, sagt er. Vom Stand der Lebensmitteltechnik her würden nicht-vegane Lebensmittel immer überflüssiger.

Die Herstellung solcher Lebensmittel ist ein rein physikalischer Prozess, sagt Heinz. Angst vor dubiosen Chemikalien sei unbegründet. Ausgangsmaterial sind pflanzliche Eiweißkonzentrate. Unter der Einwirkung von Temperatur und Scherkräften und dem Hinzufügen von Wasser und Gewürzen wird das Fleisch-Analogprodukt hergestellt. Auch ein geschmacklich guter Ersatz für Milch oder Käse sei möglich.

Er selber spreche noch nicht von einer Nahrungsmittelwende, sagt Heinz. Die Strukturen in der Ernährungsbranche seien komplex, schnelle Veränderungen nicht wahrscheinlich. Aber: „Es gibt eine Wahrnehmungsveränderung in den entwickelten Ländern.“ Ob in Deutschland oder anderen europäischen Staaten, ebenso in den USA, der Fleischverbrauch gehe zurück. „Wenn man nur fünf Prozent des weltweiten Hühnerfleischverbrauchs herausrechnen könnte, wäre das schon enorm.“

Mit immer attraktiveren rein pflanzlichen Nahrungsmitteln werde es bei den Verbrauchern auch einen Bewusstseinswandel geben, ist Vagedes überzeugt. „Dieser Trend wird noch ein bisschen schneller sein als Bio“, sagt er. Es habe mehr als 20 Jahre gedauert, bis Bioprodukte im „normalen“ Supermarkt angekommen seien. Vegane Standardprodukte gebe es heute schon bei vielen Discountern, bei geschätzten 800 000 Veganern in Deutschland. Eine rein vegane Ernährung der Weltbevölkerung sei in den nächsten 20 Jahren möglich, glaubt er: „Ganz ohne Ideologie und Krampf.“