Neuer Brandschutz für Zigaretten soll Leben retten
Brüssel (dpa) - Beim Einschlafen die Kippe vergessen oder die Zigarette achtlos fallengelassen - jeden Tag sterben bei solchen Bränden drei Menschen in Europa. Die EU setzt nun auf eine neue Sicherheitszigarette.
Sie liegt bereits jetzt im Handel.
Sie ist die Hauptursache für tödliche Wohnungsbrände und kostet jedes Jahr mindestens 1000 Europäer das Leben: Die vergessene oder achtlos weggeworfene Zigarette. Immer wieder lösen Raucher Feuer aus, wenn sie mit der Kippe in der Hand einschlafen und die Glut Möbel oder Teppich in Brand setzt. In der EU soll eine neue selbstlöschende Zigarette solche Unglücksfälle künftig verhindern helfen. Von diesem Donnerstag an (17. November) dürfen in den 27 EU-Ländern nur noch solche „Zigaretten mit vermindertem Zündpotenzial“ verkauft werden, die neue EU-Sicherheitsstandards einhalten.
Raucher werden den Unterschied zur herkömmlichen Zigarette kaum sehen, denn er betrifft nur das Zigarettenpapier. Es ist an zwei Stellen mit ringförmigen Schwellen - sogenannten „Bändern“ - verstärkt. Diese bestehen aus dichterem Material als das Zigarettenpapier und lassen weniger Luft durch. Erreicht die Glut das Band, fehlt an dieser Stelle Sauerstoff und die Zigarette geht aus, wenn niemand an ihr zieht. Für Zigarren gelten die Regeln nicht.
Hochgesteckte Erwartungen sind mit der Markteinführung verbunden. So hofft die EU-Kommission, dass jährlich 500 Todesfälle verhindert werden. Als Vorbild gilt Amerika, wo die Regeln bereits gelten, sowie Finnland. Dort ging mit Einführung der neuen Zigarette 2010 die Zahl der Brände durch Zigaretten um 43 Prozent nach unten.
Doch absolute Sicherheit gibt es nie, warnt der Deutsche Zigarettenverband (DZV). „Eine Zigarette ist immer noch ein Zündherd. Die Vorschriften der EU besagen, dass 75 Prozent dieser Zigaretten an diesen beiden Stellen ausgehen müssen“, sagt Verbandssprecher Peter Königsfeld. Sprich: Ein Viertel glimmt dennoch.
Tausend Tote nach Zigarettenbränden sind eine verschwindend kleine Zahl gegenüber der halben Million Europäer, die jedes Jahr an den Folgen des Rauchens sterben. EU-Gesundheitskommissar John Dalli kündigt daher für Anfang 2012 einen Vorschlag für eine strengere Tabakrichtlinie an. Dann sollen abschreckende Bilder - wie das Foto einer zerstörten Lunge - neben den schriftlichen Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen erscheinen. „Am sichersten ist es ohnehin, überhaupt nicht zu rauchen“, sagt der EU-Kommissar.
Für die Umstellung auf die selbstlöschende Zigarette, die schon 2008 beschlossen wurde, hatten Industrie und Handel drei Jahre Zeit. In Deutschland läuft die Markteinführung bereits seit Sommer. Manch einer der 19 Millionen erwachsenen Raucher dürfte hierzulande die „brandsicheren“ Zigaretten schon geraucht haben, ohne es zu merken - denn der Geschmack ist nach Herstellerangaben unverändert. „Es haben schon einige Verbraucher angerufen, die sich wunderten, dass ihre Zigarette ausgeht“, berichtet Königsfeld. Das betrifft vor allem solche Raucher, die die Kippe gerne mal zur Seite legen.
Produzenten dürfen jetzt nur noch Zigaretten mit der neuen Technik ausliefern. Es gebe kaum noch Restposten, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE), Willy Fischel: „Ich will nicht ausschließen, dass irgendwo in Deutschland noch Kartons stehen könnten.“ Einen Absatzeinbruch befürchtet der Verband nicht: „Die Konsumenten akzeptieren die neuen Zigaretten.“ So stieg der Absatz im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr um knapp zwei Prozent auf rund 23 Milliarden Stück. Die minimalen Zusatzkosten der Industrie gehen laut Zigarettenverband nicht zu Lasten der Verbraucher: „Wir gehen davon aus, dass die Preise konstant bleiben.“