Dabigatran verantwortlich für Hunderte Todesfälle
Hamburg (dpa) - Der Gerinnungshemmer Dabigatran soll weltweit fünfmal so vielen Menschen das Leben gekostet haben, wie der Hersteller Boehringer Ingelheim bislang eingeräumt hat.
Bis Anfang November seien 256 Todesfälle nach der Medikamenteinnahme gemeldet worden, so das Ergebnis einer Anfrage des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA.
21 Todesfälle durch das unter dem Namen Pradaxa gehandelte Medikament traten in Europa auf, vier davon in Deutschland. Bisher hatte das Unternehmen aus Deutschland laut „Zeit Online“ öffentlich nur eine Größenordnung von weltweit 50 Todesfällen eingeräumt.
Boehringer Ingelheim musste Ende Oktober europaweit sogenannte Rote-Hand-Briefe verschicken: Darin wurden Ärzte gewarnt, das Mittel Patienten zu verschreiben, deren Nieren nur noch schlecht funktionieren. Zuvor hatte es ähnliche Warnungen bereits in Japan gegeben, nachdem dort insgesamt 14 Patienten nach schweren inneren Blutungen gestorben waren. Auch in Australien und Neuseeland hatten die Gesundheitsbehörden Alarm geschlagen.
Ob Dabigatran tatsächlich den Tod der Menschen verursacht hat, sei zwar noch nicht abschließend geklärt, berichtete der „Spiegel“. Möglicherweise habe das Mittel aber die Gerinnung so stark gehemmt, dass es zu inneren Blutungen kam.
Das Medikament ist seit 2008 als Thrombosevorsorge nach Operationen und seit Ende 2010 zur Vorbeugung gegen Schlaganfälle bei Patienten mit Vorhofflimmern zugelassen. Der Gerinnungshemmer soll das Medikament Marcumar ersetzen und gilt als künftiges Milliardengeschäft. Schon mit den Blutverdünnern alten Typs setzte die Industrie 2010 weltweit rund fünf Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro) um. Im Gegensatz zu Marcumar gibt es für den Gerinnungshemmer Dabigatran aber kein Gegenmittel.