Edel und gut - Wasser als Lifestyle-Lebensmittel
München (dpa/tmn) - Wasser ist nicht gleich Wasser: Spitzenrestaurants bieten zunehmend eigene Karten für das kühle Nass an. Der Gast hat die Wahl - von regionalen Wässern bis hin zu Regenwasser von exotischen Inseln.
Wassersommeliers helfen bei der Auswahl.
„Still oder Sprudel?“ lautete bislang die Standardfrage des Kellners, wenn ein Gast im Restaurant eine Flasche Mineralwasser bestellt. Doch immer öfter ist die Auswahl größer: Vor allem in der gehobenen Gastronomie findet sich mehr als nur eine Wassermarke auf der Karte - manche Spitzen-Restaurants in Hamburg oder Berlin bieten gar an die 50 an.
„Das kommt nicht nur, weil Autofahrer auf Alkohol verzichten wollen, sondern sicher auch, weil sich Mineralwasser als Lifestyle-Produkt etabliert hat“, sagt Peter Schropp von der Fachakademie Doemens in München. Dort können sich Gastronomen, Mineralbrunnen- und Getränkegroßhandelsmitarbeiter zum „Wassersommelier“ ausbilden lassen.
Im Durchschnitt trinkt heute jeder Deutsche pro Jahr rund 130 Liter Mineralwasser. „Ein wahnsinniger Zuwachs, wenn man bedenkt, dass es 1970 gerade mal 12,5 Liter waren“, sagt Schropp. „Die Gäste sind immer mehr bereit, mehr Geld auszugeben.“ Das habe wohl auch damit zu tun, dass anstelle der früheren Einheitsflasche mittlerweile auf schick designte Gastro-Exemplare geachtet werde - „so dass es schön ausschaut“. Die Plastikflasche verbiete sich von selbst.
Und so erlauben es sich zunehmend weniger Restaurants, lediglich eine regionale Marke in den Varianten still, medium oder mit viel Kohlensäure anzubieten. Eine „solide Auswahl“ umfasst Schropp zufolge vier bis acht unterschiedliche Wässer. In einem Spitzenrestaurant bestelle eigentlich jeder Gast Wasser, ergänzt Jerk Martin Riese, der bis vor kurzem als Wassersommelier für die 40 Marken umfassende Wasserkarte im „first floor“ in Berlin verantwortlich war und nun das Restaurant „Ray's & Stark Bar“ in Los Angeles leitet. „Wasser ist nach wie vor der perfekte Begleiter zum Essen und zum Wein.“
Richtig ausgewählt, könne Mineralwasser die Wesensarten eines Weines herausstellen, erläutert die Informationszentrale Deutsches Mineralwasser (IDM) in Bonn. Ein stark mineralisiertes Wasser zum Beispiel betone die Gerbstoffe und die Säure und nehme zugleich dessen Süße und Schmelz zurück. Am besten lassen sich Gäste in einem Spitzenrestaurant ein passendes Wasser empfehlen.
Verantwortlich für den Mineralstoffgehalt sind die Gesteinsschichten, die das Wasser im Laufe der Jahrhunderte durchdringt. Die regionalen Unterschiede sind sehr groß: Mehr als 500 verschiedene Mineralwässer gibt es nach Angaben der IDM allein in Deutschland. „Wässer aus der Vulkaneifel sind stärker mit Mineralien angereichert als Wässer aus dem Umkreis von Berlin“, gibt Riese ein Beispiel. Wer Geschmack will, greift also eher zu einem Wasser mit hohem Natriumgehalt und dadurch salzig-würzigem Aroma als zu einem milden von der Spree.
Auf einer sorgsam zusammengestellten Wasserkarte sollten sich aber auch unbekannte Wässer finden, sagt der Wassersommelier. „Gerade unbekannte oder seltene Wässer werden gerne getrunken, da die Neugier, etwas Neues zu erleben, immer gegeben ist“, hat er beobachtet. Das ist dann zum Beispiel Fiji: ein den Abfüllern zufolge frei von Umweltverschmutzung, saurem Regen und industriellen Abfällen auf den gleichnamigen Pazifikinseln entstandenes Trinkwasser, das „reiner, gesünder und geschmackvoller“ als andere Flaschenwässer sei. Oder Cloud Juice, reines Regenwasser aus Tasmanien, das in der „saubersten Luft der Welt“ abgefüllt wird. Laut Riese schmeckt es „samtig weich und fühlt sich im Mund fast wie Olivenöl an“.