Niederländischer Skandalarzt weist Vorwürfe zurück
Almelo (dpa) - Der niederländische Skandalmediziner Ernst Jansen hat den Vorwurf zurückgewiesen, bewusst schwere ärztliche Fehler gemacht zu haben. Er habe als Arzt gut funktioniert, sagte der ehemalige Neurologe am ersten Tag seines Strafprozesses in Almelo.
Die Anklage wirft dem 68-Jährigen vor, bei Dutzenden Patienten Fehldiagnosen gestellt zu haben. Bis Anfang 2013 hatte Jansen auch in mehreren deutschen Kliniken gearbeitet.
Nach seiner Entlassung 2004 aus dem Krankenhaus im niederländischen Enschede hatte der Angeklagte unter anderem in Worms und Heilbronn praktiziert. In Worms wurde Anklage erhoben, nachdem eine Frau nach einer Rückenmarkpunktion gestorben war. Mögliche deutsche Fälle werden in dem jetzigen Prozess aber nicht behandelt.
„Mein Beruf ist mein Leben“, betonte Jansen - gekleidet in Tweedjackett und gelben Schlips - im Beisein von zahlreichen ehemaligen Patienten. Er räumte aber andere Fehler ein, wie den Diebstahl und Fälschung von Rezepten seiner Kollegen und die Veruntreuung von 88 000 Euro. Er sei ein Opfer einer Arzneimittel-Abhängigkeit geworden, sagte er. „Wegen meiner Sucht bin ich vom Weg abgekommen.“
Die Anklage hatte neun Fälle für den Prozess ausgewählt, der als größter medizinischer Strafprozess der Geschichte der Niederlande gilt. Zwischen den 90er Jahren bis 2003 soll er bei den Patienten absichtlich unheilbare Krankheiten wie Alzheimer festgestellt haben, obwohl dies nicht stimmte.
Sehr konzentriert und äußerlich gelassen folgte der einst renommierte Neurologe der Verlesung der Anklage von 21 Straftaten. Er habe Patienten jahrelang unnötig mit schweren Medikamenten behandelt und Testergebnisse gefälscht. „Untersuchungsergebnisse, die seiner Diagnose widersprachen, ignorierte er“, sagte Staatsanwältin Marjolein van Eykelen. Eine Frau hatte nach einer falschen Diagnose Selbstmord begangen.
Im Gerichtssaal saßen zahlreiche ehemalige Patienten und ihre Angehörigen. „Es ist gut, dass es endlich beginnt“, sagte Freddy de Haan. Bei ihm hatte Jansen 2003 Alzheimer festgestellt. „Er gab mir noch fünf Jahre“, erzählte de Haan der Nachrichtenagentur dpa. „Ich habe kein Vertrauen mehr in Ärzte“, sagte ein Marokkaner. Er war von Jansen wegen Alzheimer zwei Jahre lang in ein Pflegeheim eingewiesen worden.
Das Gericht behandelte zunächst die Vorwürfe Diebstahl, Veruntreuung und Urkundenfälschung aus dem 25 000 Seiten umfassenden Dossier. Der Prozess soll bis Januar laufen. Im Februar soll das Urteil verkündet werden. Bei einem Schuldspruch droht Jansen eine Gefängnisstrafe von bis zu zwölf Jahren.