Psychiater: Hilfe für erwachsene ADHS-Patienten
Rostock (dpa) - Die „Zappelphilippe“ und ihre Probleme sind verstärkt ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Doch entgegen der weitläufigen Meinung sind nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene betroffen.
Hilfe ist möglich.
Das bei Kindern und Jugendlichen gut bekannte und erforschte sogenannte „Zappelphilipp-Syndrom“ (ADHS) spielt auch bei Erwachsenen eine wesentliche Rolle. „Wir gehen davon aus, dass etwa drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung unter ADHS leidet“, sagte der Chef der Psychiatrischen Universitätsklinik in Rostock, Johannes Thome.
Leitsymptome des Aufmerksamkeitsdefizit-Syndroms sind bei Erwachsenen wie bei jungen Menschen Hyperaktivität, Konzentrationsstörungen und Impulsivität. „Aber das ist keine 'Ja-Nein-Krankheit', bei der ein Test das passende Ergebnis liefert“, betonte Thome.
Erwachsene haben im Gegensatz zu Kindern die Krankheitskomponente Hyperaktivität meist im Griff und empfinden sie eher als innere Unruhe, sagte Thome. „Schwierig wird es bei Konzentrationsstörungen und der Impulsivität.“ Die Patienten überspielen meist die mangelnde Konzentration mit gut gelernten „Tricks“ und können so die Krankheit vor ihrer Umgebung verschleiern. „Doch häufig sind sie extrem desorganisiert, bei ihnen wird oft ein Chaos zum Beispiel in den persönlichen Unterlagen angetroffen.“ Schwieriger wird es mit der Impulsivität, denn sie kann zu massiven Problemen am Arbeitsplatz oder in der Partnerschaft beziehungsweise Familie führen.
„Es gibt auch Hinweise darauf, dass der Tag-Nacht-Rhythmus bei ADHS-Patienten schwer gestört ist“, sagte Thome mit Blick auf aktuelle Forschungen. Sie schlafen wenig, sind eher „nachtaktiv“ und fühlen sich morgens müde.
„Die Erkrankung werde oft verstärkt, weil die Betroffenen andere Krankheiten entwickeln.“ Dazu gehören beispielsweise Suchterkrankungen oder starke Stimmungsschwankungen. Hilfe könnten die Patienten selten von Allgemeinmedizinern erwarten, da diese nicht dafür ausgebildet sind. „Sie sehen vielleicht eine Depression, aber nicht die zugrundeliegende ADHS-Erkrankung.“ Nach einer umfangreichen Diagnose könne den Patienten meist mit Medikamenten und Coaching geholfen werden. „Das ist die Basis, auf der auch psychotherapeutische Elemente gut eingesetzt werden können“, sagte Thome.