Salz, Gips, Kalk: Gestein gibt Mineralwasser den Geschmack
Gerolstein (dpa) - Bevor ein Mineralwasser in die Flasche kommt, hat es einen langen Weg hinter sich. Über Jahrzehnte sickert es durch die Erde - viel Zeit, um reichlich Mineralien aus den Gesteinen zu lösen.
In Deutschland gibt es so viele Arten von Wasser wie sonst nirgendwo.
Wasser ist gleich Wasser? Von wegen. Das eine schmeckt sauer, das andere salzig. Mal vollmundig, mal flach. Und in dem einen ist viel Kohlensäure, in dem anderen weniger. „Die Bandbreite und Vielfalt der Mineralwasser in Deutschland ist weltweit einzigartig“, sagt der Mainzer Geowissenschaftler Frank Sirocko. Mehr als 200 Mineralbrunnen gibt es bundesweit - mit 820 anerkannten Quellen und gut 500 Marken. Und alle Wasser schmecken anders, je nachdem aus welcher Erde sie stammen. „Die geologische Beschaffenheit des Bodens gibt dem Mineralwasser seinen Geschmack“, sagt der 54-jährige Professor an der Universität Mainz.
Denn ein gutes Mineralwasser stammt in der Regel aus etwa 100 Metern Tiefe und ist mehrere Jahrzehnte alt, bevor es in die Flasche kommt. „Wir trinken heute Wasser, das im letzten Jahrhundert in die Erde gesickert ist“, sagt der Wissenschaftler. Viele Jahre, in denen das Wasser auf dem Weg in die Tiefe Zeit hatte, Mineralstoffe aus den Gesteinsschichten zu lösen und aufzunehmen. Dabei hilft ihm das Kohlendioxid, das in der Eifel etwa aus 70 Kilometern Tiefe nach oben steigt. Mehr als 50 deutsche Wasser haben laut Sirocko reichlich Minerale plus die natürliche Quellkohlensäure intus. Andere Wässer dagegen sind mineralarm, weil sie durch unlösliche Gesteine fließen.
Klar, dass ein Wasser aus einem Vulkangestein anders schmeckt, als eines, das Sandböden oder Gipsschichten durchlaufen hat. „Das liegt an den unterschiedlichen Mineralien und Spurenelementen, die so vom Wasser aus dem Gestein herausgelöst wurden“, sagt Sirocko. So sei ein Wasser etwa aus der Vulkaneifel immer reich an Magnesium und Hydrogencarbonat - manche enthielten dazu noch Natrium und Calcium. Ein Wasser vom Mittelrhein biete oft viel Natrium und Chlor und eines von der Schwäbischen Alb reichlich Calcium und Sulfat. In Deutschland könnten nach seinen Forschungen zehn Mineralwassertypen unterschieden werden.
Die hohe Anzahl der Quellen in Deutschland sei rund um den Globus besonders, sagt die Sprecherin des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen (VDM), Meike Strenger, in Bonn. „Es gibt kein Land, das so reich ist an natürlichem Wasservorkommen wie Deutschland.“ So lange es regne, würden sie auch nicht versiegen. Die Quellen konzentrierten sich auf den Süden und Südwesten des Landes. „Das liegt an den geologischen Gegebenheiten.“ In Rheinland-Pfalz gebe es 22 Brunnen.
Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von gut 135 Litern im Jahr sei Mineral- und Heilwasser „das beliebteste Kaltgetränk“ der Deutschen, sagt Strenger. Mit seit Jahren steigender Tendenz: 1990 wurden gerade noch rund 83 Liter getrunken und 2000 gut 100 Liter. Laut VDM lag der Absatz von Mineral- und Heilwasser 2011 bei 10,1 Milliarden Litern bei einem Umsatz von gut 3,1 Milliarden Euro.
Der verschiedene Mineralien-Mix in den Wässern werde zunehmend von den Kunden bewusst eingesetzt, sagt Professor Sirocko. Eines mit viel Natrium und Magnesium nach dem Sport, ein ausgewogen mineralisiertes oder weiches zum Wein und eines mit Hydrogencarbonat bei Übersäuerung des Magens. „Die Konsumenten haben sich noch nie so sehr für Herkunft und Qualität von Produkten interessiert wie heute“, sagt der Marketing-Leiter bei Gerolsteiner, Marcus Macioszek.
Beim Gerolsteiner Brunnen, das sein Wasser aus 22 Quellen bezieht, werden pro Tag rund 3,8 Millionen Flaschen gefüllt. Für diese Region in der Eifel sei ein calcium- und magnesiumhaltiges Kalkgestein typisch, das dem Wasser „eine sehr schmackhafte Note“ verleihe, sagt Sirocko. Vor allem, weil es mit viel Hydrogencarbonat vulkanischen Ursprungs verbunden sei. 2011 setzte der Brunnen 6,1 Millionen Hektoliter ab. Vor Ort im Kurpark Gerolstein sprudelt die Helenenquelle mit Gerolsteiner Mineralwasser aus der Tiefe - und zieht Wasserfans an. „Ich komme hier jede Woche her, um mir mein Wasser abzufüllen“, sagt ein 73-Jähriger. Und er ist einer von vielen.