Schiefe Wirbelsäule: Skoliose möglichst früh erkennen
Karlsruhe (dpa/tmn) - Ungleich stehende Schultern, ein schiefes Becken: Das sind deutliche Anzeichen für eine Skoliose. Diese Fehlstellung der Wirbelsäule entwickelt sich meist in der Pubertät.
Skoliose ist eine dreidimensionale Verformung der Wirbelsäule. „Dreidimensional deshalb, weil die Wirbelsäule nicht nur gekrümmt ist, sondern die Wirbelkörper dazu auch noch verdreht sind“, erläutert Johannes Flechtenmacher, Präsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU).
Die meisten Skoliosen entwickeln sich ohne erkennbare Ursachen. Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto effektiver kann sie behandelt werden. Eltern sollten die körperliche Entwicklung ihres Kindes in der Pubertät genau im Auge behalten, sagt Frauke Mecher vom Verband für Physiotherapie (ZVK). Um Skoliose zu erkennen, lassen Eltern ihr Kind im Stand mit freien Oberkörper nach vorne beugen und achten dabei auf einseitige Verwölbungen der Rippen sowie seitliche Abweichungen der Wirbelsäule.
„Kinder merken anfangs meist nicht, was sich in ihrem Rücken abspielt“, schildert Hans-Theo Moog. Entsprechend lange kann eine Skoliose unentdeckt bleiben. Bei Moog wurde sie als Zufallsbefund entdeckt: „Mit 12 Jahren stand ich am Beckenrand im Schwimmbad und wollte ins Wasser springen. Mein Bruder stand genau hinter mir und bemerkte meine schiefstehenden Schulterblätter“, sagt der Gründer und Geschäftsführer des Deutschen Skoliose Netzwerks (DSN).
Ersten Aufschluss gibt eine klinische Untersuchung. „Erst bei einem begründeten Verdacht wird geröntgt“, sagt Flechtenmacher. Dabei wird dann die ganze Wirbelsäule samt Beckenkamm in den Fokus genommen. Wie stark die Skoliose ausgeprägt ist, misst der Cobb-Winkel. „Dafür ermittelt man im Röntgenbild die Winkel der am stärksten gekippten Wirbel“, erläutert Flechtenmacher. Die Größe des Cobb-Winkels liefert einen Richtwert für die Behandlung.
Bei schweren Skoliosen kommt eine Operation infrage, schildert Flechtenmacher. Bei der OP wird der betroffene Abschnitt der Wirbelsäule versteift. „Die Wahl der Therapie hängt auch davon ab, wo die Skoliose liegt und ob die Krümmung weiter voranschreitet.“ Allgemein gilt: Mit den richtigen Behandlungen lässt sich das Fortschreiten aufhalten. Eine Heilung versprechen sie nicht.
Mit Sport und Therapie hat es Moog geschafft, schmerzfrei und ohne weitere Verschlimmerung zu leben. „Mit einer Skoliose kann man auf zwei Arten umgehen: Diszipliniert arbeiten, oder sich hängen lassen.“ Während der Physiotherapie etwa trainieren Skoliose-Patienten die Muskeln, die den Rumpf umgeben. Mit einem guten Muskelkorsett bleibe die Wirbelsäule besser aufrecht, erklärt Mecher. Die Therapie funktioniert nur, wenn täglich daheim diszipliniert gearbeitet wird, betont Moog. Dabei verzichten Skoliose-Betroffene aber besser auf Sportarten, die sie einseitig belasten, rät Mecher. „Ein typisches Beispiel ist Hockey, wo man meist nach vorne gebeugt läuft.“ Besser sind Sportarten wie Klettern oder Inlineskaten.
Im höherem Alter kommt es vor allem bei einseitigen Belastungen immer öfter zu Schmerzen und Reizungen, meist in den Muskeln und Gelenken der Wirbelsäule. „Sitzt man den ganzen Tag nur im Büro, ist es umso wichtiger, dass man seine Muskeln auf und nach der Arbeit bewusst fordert“, betont Mecher. Es kann außerdem zu Einschränkungen des Lungenvolumens und somit zu Atembeschwerden kommen. Adäquates Ausdauertraining ist für Betroffene deshalb ratsam, sagt Mecher.