Schlemmen auf Dänisch ist mehr als nur Smørrebrød
Aarhus/Bremen (dpa/tmn) - Smørrebrød, Biksemad und Rødgrød: Wer schon mal in Dänemark war, kennt diese Spezialitäten aus dem Land der Wikinger. Doch auch für Dänemark-Neulinge lohnt ein Blick in die Küche des nördlichen Nachbarn: Schlemmen wird dort groß geschrieben.
Auf dem internationalen Parkett übersehen die großen Mächte Dänemark zuweilen - das Land der Wikinger ist klein, nur fünfeinhalb Millionen Menschen leben dort. Vielleicht ist es aber gerade das geringe Gewicht, das den Nationalstolz der Dänen entfesselt: Der „Dannebrog“, die dänische Flagge, ziert nicht umsonst jeden Geburtstagskuchen. Und auch sonst zeigt der selbstbewusste Däne Besuchern gerne, welche heimischen Köstlichkeiten in den Kochtöpfen brutzeln. Das Essen genießt in der dänischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert.
Exportschlager ist das Smørrebrød. Die direkte Übersetzung mit „Butterbrot“ wird der Mahlzeit aber kaum gerecht. „Auf das Smørrebrød kann alles drauf, was das Herz begehrt: Fleisch, Fisch, Pasteten. Die populärste Variante ist mit 'leverpostej', einer etwas gröber gebackenen Leberwurst“, erklärt Charlotte Noer aus Bremen. Die gebürtige Dänin und Kochbuchautorin lebt seit 17 Jahren in Deutschland. Kochen lernte sie in einem Restaurant in der Nähe des Kopenhagener Nyhavn.
„Das Smørrebrød macht man sich aber nicht nur selbst und nimmt es mit zur Arbeit. Viele kaufen es auch in darauf spezialisierten Geschäften, wo es ganz spektakulär dekoriert ist“, erzählt Noer. Im Familienbetrieb von Gert Hauge, dem Raadhuus Kafeen im Zentrum der jütländischen Stadt Aarhus, ist die Platte mit verschiedenen Variationen des Sandwiches deshalb auch ein Kassenschlager. Saisonal beliebt ist das Smørrebrød mit Hering, der fangfrisch aus dem Aarhus'schen Hafen auf den Tellern der Gäste landet.
Trifft die Liebe zu der traditionellen Sandwich-Variante auf die Feucht-Fröhlichkeit der Nordlichter, entstehen Smørrebrød-Partys: „Nach jedem Stück Smørrebrød muss dann ein Pinnchen Aquavit getrunken werden. So schaffen wir einen Anlass, um uns die ganze Zeit zuzutoasten“, sagt Trina Hahnemann, Köchin aus Kopenhagen.
Doch die Essgewohnheiten der Dänen beschränken sich selbstverständlich nicht auf das Smørrebrød. Nach einem kleinen Nachmittagsimbiss mit zuckersüßem Wienerbrød werfen die Nachfahren der Wikinger am Abend ihre Herdplatten an, um eine deftige Mahlzeit zu kreieren - vorzugsweise mit Kartoffeln, denn die gehören wie in Deutschland zu den beliebtesten Zutaten. Mit gebratener Scholle und einer Petersiliensoße wandern die Kartoffeln im Raadhuus Kafeen etliche Mal über den Tresen. Auch das „Biksemad“ ist ein Klassiker der dänischen Cuisine: „Eigentlich ist das ein Resteessen. Was vom Sonntagsbraten übrig ist, wird klein gehackt, mit Zwiebeln angebraten und schließlich mit Bratkartoffeln, Spiegelei und roter Beete auf Schwarzbrot serviert“, erklärt Noer.
Aus den Kochtöpfen dringt in kalten Jahreszeit der würzige Geruch von „Gløgg“ - Glühwein aufgekocht mit Rosinen und in Rum eingelegten Mandeln. Heiligabend biegt sich die Tischplatte unter Schweine-, Enten- oder Gänsebraten, karamellisierten Kartoffeln und Rotkohl. „Im Dezember geht es bei uns nur ums Essen“, fasst Trina Hahnemann zusammen. Unbedingt immer dabei: „Hygge“ - das bedeutet Gemütlichkeit und ist wohl eines der gängigsten Wörter im Dänischen.
Doch auch andere Feiertage fördern Köstlichkeiten zu Tage: Der Buß- und Bettag erfreut die dänischen Gaumen mit warmen Wecken, in Landessprache „Hveder“. Und zu Mittsommer beginnt traditionell die neue Kartoffelsaison. Den süßen Zahn füllt der Zungenbrecher „Rødgrød med Fløde“, rote Grütze mit Sahne, drapiert mit frischen Erdbeeren.
Literatur:
- Noer, Charlotte: Dänisch kochen: Gerichte und ihre Geschichte, Jacob Blume Werkstatt, 159 S., 16,90 Euro, ISBN-13: 9783895336539
- Hahnemann, Trina: Die skandinavische Küche: Originalrezepte aus Mittsommerland, Christian, 224 S., 29,95 Euro, ISBN-13: 9783884729090