Schmeckt nach Gold: Das DLG-Siegel steht für Qualität
Heilbronn (dpa) - Knallgrün, Tiefrot, leuchtend Gelb: Ob Getränke „Gold“ verdienen, prüft jährlich die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft. Das DLG-Siegel soll den Konsumenten die Entscheidung am Regal erleichtern - denn am Ende entscheidet immer der Geschmack.
4,64 von 5 Punkten - die Schorle hat ihr Gold bekommen. Diedrich Harms greift nach dem nächsten Glas. Der Lebensmittelchemiker hält das Multifruchtsaftgetränk gegen das Licht und beäugt die orangefarbene Flüssigkeit. Dann schwenkt er das Glas, steckt seine Nase tief hinein, schwenkt es wieder und trinkt einen Schluck.
Seit fünf Jahren testet Harms Fruchtgetränke für die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), eigentlich leitet er das Labor der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin. Für die jährliche DLG-Qualitätsprüfung sind insgesamt 50 Experten für zwei Tage nach Heilbronn gekommen, um 635 Fruchtgetränke zu verkosten. Auf den Tischen im Kongresszentrum reihen sich Flaschen gefüllt mit knallgrünen, tiefroten und leuchtend gelben Säften aneinander.
Neben 130 Apfel- und 70 Orangensäften werden auch Gemüsesaft, Nektar und Fruchtwein auf Aussehen, Geschmack, Geruch und die Harmonie zwischen den Kriterien begutachtet. „Die Experten müssen ihr Urteil fachlich begründen - das ist keine Geschmackssache“, sagt Thomas Burkhardt, Projektleiter am DLG-Testzentrum. Von kleinsten Keltereien bis zu großen Handelslieferanten reichen Fruchtsafthersteller ihre Produkte bei der DLG ein und hoffen auf eine Prämie - je Getränk kostet sie das 358 Euro. Das DLG-Siegel wird in Gold, Silber oder Bronze vergeben. Jedes Jahr gehen rund 10 Prozent der Produkte mangels Qualität leer aus.
„Hier ist der Süßstoff zu überdosiert, das schmeckt, als lecke man an Metall“, sagt Harms zu einer weiteren Probe Mehrfruchtsaft. Diesen Geschmackseindruck überträgt er so genau wie möglich in ein Kategorienschema, das Ausprägungen wie bitter und salzig oder dumpf, muffig und gärig umfasst. Um seine Geschmacksnerven zwischen den einzelnen Proben zu neutralisierten, greift Harms zwischendurch zu Knäcke- oder Weißbrot, Kaffeebohnen oder Wasser.
Die Prüfer müssen nicht nur darauf achten, dass die Zusammenstellung der Zutaten passt. Sie müssen auch Produktionsfehler schmecken: „Das kann die schlechte Auswahl der Rohstoffe sein, man schmeckt zum Beispiel, ob Äpfel überreif waren“, erklärt Harms. Aber auch technische Fehler sind möglich. „Verarbeiten die Maschinen die Rohstoffe gut? Oxidieren die Produkte in der Verpackung? All das kann Einfluss auf den Geschmack und die Qualität der Getränke haben.“
„Jeder Orangensaft hat sein eigenes Schicksal“, sagt Projektleiter Burkhardt. „Und jeder Fruchtsaftbetrieb geht davon aus, dass sein Saft der beste ist.“ Seit mehr als 60 Jahren testet die DLG Lebensmittel, die sensorische Analyse durch Prüfer wie Diedrich Harms ergänzen Laboruntersuchungen. Die Prämierung soll den Herstellern bei der Vermarktung ihrer Produkte helfen.
„Unsere Unternehmen sind sehr interessiert an der Prüfung“, sagt Karsten Sennewald, Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie. „Die DLG ist bekannt, das Siegel ist bekannt, außerdem sind die Tests nicht einfach nebenbei zu erledigen und werden sehr ernst genommen.“ Weil die Konsumenten die Produkte primär nach Geschmack beurteilten und weniger nach Inhaltsstoffen, seien die sensorischen Prüfungen für die Unternehmen besonders wichtig.
Birgit Rehlender, Expertin für Ernährung bei der Stiftung Warentest, kritisiert, dass Unternehmen ihre Produkte selbst an die DLG schicken könnten. „Wir dagegen gehen wie der Verbraucher einkaufen“, sagt sie. Die Auswahl der Produkte orientiere Stiftung Warentest lediglich an Absatzzahlen im Handel. Dennoch: Sensorisch sei die DLG-Prüfung einwandfrei.