Schon regelmäßig wenig Alkohol schädigt nachhaltig
Hamm (dpa/tmn) - Alkohol wird nicht erst gefährlich, wenn jemand davon abhängig ist. Ein Gesundheitsrisiko besteht schon lange vorher. Damit ist nicht zu spaßen. Wer regelmäßig trinkt, sollte wissen: Alkohol ist eine der Hauptursachen für Krebs.
Millionen Menschen in Deutschland gefährden sich durch Alkohol, Tabak und andere Drogen - nun will die Bundesregierung mehr Aufklärung und Beratung im Kampf gegen die Sucht. Dafür beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch (15. Februar) eine „Nationale Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik“, die einen Aktionsplan von 2003 ersetzt.
Wie der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung vom Mai 2011 formuliert, herrscht in Deutschland „eine weit verbreitete unkritisch positive Einstellung zum Alkohol vor“. Dabei gelten laut dem Bericht 1,3 Millionen Menschen als alkoholabhängig, insgesamt sind 9,5 Millionen gefährdet, abhängig zu werden.
Die Deutschen trinken gerne und viel - doch schon regelmäßig geringe Mengen schädigen die Gesundheit des Körpers nachhaltig. „Als größte Gefahr des Alkoholkonsums sehen viele die Abhängigkeit“, sagt Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in Hamm. „Aber man muss sich klarmachen, dass die gesundheitlichen Schäden lange vorher beginnen“, betont die stellvertretende Geschäftsführerin. „Viele sagen: Ich bin doch nicht süchtig! Alkohol ist aber zum Beispiel auch eine der Hauptursachen für Krebs, das ist den meisten gar nicht bewusst.“
Das Risiko für eine alkoholbedingte Folgeerkrankung erhöhe sich bei Frauen bereits ab einem Konsum von 12 Gramm Alkohol pro Tag, was einem kleinen Glas Bier oder Wein entspricht, erläutert Bartsch. Für Männer seien es 24 Gramm täglich. Das gelte wiederum nur für gesunde Erwachsene und nicht für Jugendliche. „Unterhalb dieser Schwelle ist der Alkoholkonsum zumindest risikoarm - er ist aber nie risikofrei.“
Eine bestimmte Menge in einem bestimmten Zeitabschnitt gibt Bartsch zufolge nur wenig Anhaltspunkte für eine echte Alkoholsucht: „Die Abhängigkeit hat viele Faktoren, das ist sehr individuell.“ Das soziale und kulturelle Umfeld beispielsweise spielten eine Rolle sowie die genetische Disposition. Die Suchtexpertin erläutert, dass zwei Gläser Wein am Abend nicht unbedingt körperlich abhängig machten: „Das passiert erst, wenn der Stoffwechsel des Körpers sich ganz auf den Alkohol einstellt und ohne nicht mehr richtig funktioniert.“
Die Gefahren sind trotzdem groß: „Wer jeden Tag trinkt, bleibt wahrscheinlich nicht bei ein oder zwei Gläsern am Abend. Es ist ein psychologischer Effekt, dass die Dosis erhöht wird“, sagt Bartsch. „Es kann sein, dass die zwei Gläser irgendwann nicht mehr reichen.“ Sie rät deshalb dazu, zumindest zwei Tage in der Woche ganz auf Alkohol zu verzichten, weil der Konsum auch bei geringen Mengen leicht zu einer psychischen Abhängigkeit führen könne: „Man gewöhnt sich an den Konsum, man fängt an, in Situationen zu trinken, in denen man früher nichts getrunken hat.“