Schuppenflechte wird oft unzureichend behandelt

Berlin (dpa/tmn) - Schuppenflechte ist nicht ansteckend. Aber unter ihr leiden die Betroffenen in vieler Hinsicht. Oft zeigen sich die Symptome bei Kindern im Grundschulalter zum ersten Mal. Und nicht immer ist dann Verlass auf die passende Behandlung.

Jeder zweite Patient mit einer ausgeprägten Schuppenflechte ist Schätzungen zufolge in Deutschland medizinisch unterversorgt. Das sind etwa 500 000 Menschen, wie der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) am Montag (29. Oktober) in Berlin anlässlich des Welt-Psoriasistages 2012 mitteilte. Etwa zwei Millionen Menschen mit Schuppenflechte (Psoriasis) gibt es, knapp die Hälfte von ihnen leidet an einer mittelschweren bis schweren Form. Mediziner unterscheiden drei Formen der Krankheit. Die leichte Variante lässt sich äußerlich behandeln, bei der mittelschweren und schweren kommen Medikamente und gegebenenfalls UV-Licht-Behandlungen zum Einsatz.

Eine Ursache für die schlechte Versorgung liege in der chronisch-entzündlichen Hauterkrankung selbst, sagte der BVDD-Experte Ralph von Kiedrowski. „Psoriasis ist eine viel komplexere Erkrankung als man früher angenommen hat.“ Nicht jeder Hautarzt kenne sich damit gut genug aus. Etwa 30 Prozent der Patienten mit einem ersten Psoriasisschub suchten gar nicht erst einen Dermatologen auf, ergänzte der Leiter des Competenzzentrums für Versorgungsforschung in der Dermatologie, Prof. Matthias Augustin von der Uniklinik Hamburg-Eppendorf. Darüber hinaus fürchteten mit der Krankheit weniger vertraute Mediziner Regressforderungen der Krankenkassen, wenn sie teure Medikamente verordnen.

Als unterversorgt gilt ein Patient, dessen Lebensqualität aufgrund der Krankheit eingeschränkt ist oder der eine nicht erkannte Begleiterkrankung hat. Das können dem BVDD zufolge Diabetes, Herz-Kreislaufstörungen oder Depressionen sein. Ebenfalls unterversorgt sind Betroffene, wenn sie keine medikamentöse Therapie erhalten, die den gesamten Organismus einbezieht, obwohl das bei ihrem Krankheitsgrad angebracht wäre.

„Die Erkrankung Psoriasis geht weit über die Haut hinaus“, sagte Augustin. So sind zum Beispiel 40 Prozent der Patienten zusätzlich von Nagelerkrankungen betroffen. Bei jedem fünften Patienten tritt die Sonderform Psoriasisarthritis mit Gelenkentzündungen auf. Ziel der Dermatologen müsse sein, die arthritische Form der Schuppenflechte und Begleiterkrankungen früher zu erkennen, betonte Augustin. Auch Kinder sollten früher als bislang behandelt werden.

Auch Kinder mit Schuppenflechte (Psoriasis) würden oft nur unzureichend behandelt. Das liege zum einen daran, dass es für die kleinen Patienten bei der chronisch-entzündlichen Hauterkrankung deutlich weniger Behandlungsmöglichkeiten als bei Erwachsenen gibt. „Viele Medikamente sind für Kinder nicht zugelassen, die bei Erwachsenen möglich sind“, sagte Augustin.

Eine schlechte Versorgung ergebe sich aber auch aus den Grenzen zwischen ärztlichen Fachgruppen: Erwachsene mit einem ersten Schuppenflechte-Schub gehen Augustin zufolge in 70 Prozent der Fälle direkt zum Hautarzt. Dieser verordne dann zum Beispiel sehr häufig äußerliche Vitamin-D-Anwendungen. Kinder landen dagegen in der Regel beim Kinderarzt und bekämen dort kaum diese Verordnung. „Kinder werden beim Kinderarzt meist nicht auf Psoriasis behandelt“, betont auch Ottfrid Hillmann von der Selbsthilfe-Organisation Deutscher Psoriasis Bund.

Schuppenflechte zeigt sich häufig im Alter von 10 bis 20 Jahren das erste Mal und ist eine lebenslange, chronische Erkrankung. „Das ist 30, 40 Jahre oder länger ein Thema“, erläutert Augustin. Wichtig sei, die Psoriasis so früh wie möglich zu erkennen und nachhaltig zu behandeln. Denn häufig gehen mit ihr Begleiterkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislaufprobleme und Depressionen einher, die sich viel besser in den Griff bekommen lassen, wenn die Grunderkrankung richtig behandelt wird.

Hillmann empfiehlt Betroffenen, „progressiv“ mit der nicht-ansteckenden Erkrankung umzugehen. „Sie können nichts für die Krankheit, sie ist angeboren.“ Gerade Jugendliche zögen sich nach der Diagnose aber zurück und verlören so wichtige soziale Kontakte.