Impfstoffe zurückgerufen - Grippeimpfung weiterhin sinnvoll?
Berlin (dpa/tmn) - Gefahr oder Fehlalarm? Weil in Grippespritzen weiße Partikel entdeckt wurden, haben Behörden in mehreren Ländern vorsorglich die Notbremse gezogen. Nun sind viele Menschen verunsichert: Impfen lassen oder nicht?
Berlin (dpa/tmn) - Gefahr oder Fehlalarm? Weil in Grippespritzen weiße Partikel entdeckt wurden, haben Behörden in mehreren Ländern vorsorglich die Notbremse gezogen. Nun sind viele Menschen verunsichert: Impfen lassen oder nicht?
Gesundheitliche Folgen gibt es bislang keine, aber die politischen Nebenwirkungen sind heftig. Nach dem Rückruf von zwei Grippeimpfstoffen des Schweizer Konzerns Novartis geraten Pharmafirmen und Krankenkassen in die Kritik. Unterschiedlicher Meinung sind Experten, ob sich die bereits vorhandenen Lieferschwierigkeiten nun verschärfen. Auch viele Patienten sind verunsichert. Hier wichtige Fragen und Antworten rund um das Thema Grippeimpfung:
Ist eine Grippe-Impfung weiterhin sinnvoll?
Trotz des Auslieferungsstopps sei eine Grippeimpfung weiterhin zu empfehlen, sagt Peter Walger, Chefarzt für Intensivmedizin am Johanniter-Krankenhaus in Bonn und Infektionsexperte des Berufsverbands Deutscher Internisten. Da es Ausweichmöglichkeiten auf Produkte anderer Hersteller gebe, bestehe für Patienten kein Grund, auf die Impfung gänzlich zu verzichten. „Die klassischen Impfstoffe sind alle extrem gut verträglich“, sagt Walger.
Wie kann man auf andere Impfstoffhersteller ausweichen?
Wer sich impfen lassen will, sollte vorher seinen Arzt nach dem verwendeten Impfstoff fragen, sagt Walger. „Das ist im Moment grundsätzlich sinnvoll, damit man hinterher keinen Stress hat, falls mit dem Impfstoff etwas nicht in Ordnung ist.“ Ärzte, die bislang das Novartis-Produkt verwendet haben, könnten auf das Serum anderer Hersteller ausweichen. Diese in Deutschland zugelassenen Impfstoffe sind laut Walger qualitativ gleichwertig. Allerdings gebe es bereits Lieferengpässe, so dass derzeit nicht jeder, der geimpft werden möchte, auch tatsächlich eine Spritze bekommt.
Wer sollte sich impfen lassen?
Das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin empfiehlt die Impfung insbesondere Älteren, chronisch Kranken und Schwangeren. Denn bei ihnen kann eine Grippeinfektion zu schweren Komplikationen führen. Allerdings bietet die Impfung keinen hundertprozentigen Schutz. Das betrifft laut Walger vor allem Senioren, weil deren Immunsystem grundsätzlich weniger gut auf Impfungen anspricht. „Aber besser ein kleiner Schutz als gar keiner“, betont der Infektionsexperte des Berufsverbands Deutscher Internisten. Bei Geimpften verlaufe eine Infektion milder als bei Ungeimpften.
Wann sollte man sich impfen lassen?
Der beste Zeitpunkt ist dem RKI zufolge ein Termin im Oktober oder November. Nach der Impfung ist der Schutz in 10 bis 14 Tagen aufgebaut. Wichtig ist es, möglichst gesund zu sein. „Man sollte sich nicht bei einer frischen, fiebrigen Erkältung impfen lassen“, rät Walger. Denn verschlechtert sich danach der Zustand des Patienten, sei es schwierig zu sagen, ob sich der eigentliche grippale Infekt verschlimmert oder es eine Nebenwirkung des Serums ist.
Was spricht gegen eine Impfung?
Laut Walger gibt es kaum Gründe, die dagegen sprechen. Das gilt trotz der Tatsache, dass die Impfung bei einem trägen Immunsystem eventuell weniger wirksam ist. Wer allerdings eine Eiweißallergie hat, ist derzeit gekniffen: Denn abgesehen von dem Novartis-Produkt werden Walger zufolge alle Grippeimpfstoffe auf Hühnereiweißbasis hergestellt.
Welche Effekte kann die Impfung noch haben?
Die Grippeimpfung hilft, sogenannte Sekundärinfektionen zu vermeiden. Nach Angaben des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte verhindert sie zum Beispiel grippebedingte Blutvergiftungen, durch die junge Menschen besonders gefährdet sind. „Die Grippe ist auch Wegbereiter für bakterielle Lungenentzündungen“, ergänzt Walger. Wer also vor der Influenza geschützt ist, ist damit auch gegen die Pneumonie gewappnet. Allerdings könne niemand davon ausgehen, aufgrund der Impfung im Winter weniger Erkältungen als sonst zu bekommen. Davor schütze die Impfung nicht.