Süßholz ist Arzneipflanze des Jahres 2012
Frankfurt/Würzburg (dpa) - Der Tee aus den zerkleinerten Wurzeln der Süßholz-Staude schmeckt süß und deutlich nach Lakritz - und er wirkt gegen Husten. Das Süßholz (Glycyrrhiza) ist die „Arzneipflanze des Jahres 2012“.
Diese Wahl traf ein Team aus Wissenschaftlern der Universität Würzburg gemeinsam mit Experten der Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF). Seit mindestens 3000 Jahren sei Süßholz als Heilpflanze bekannt, seine Wirkung gegen zahlreiche Beschwerden wissenschaftlich belegt, sagte Johannes Mayer vom „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ in Frankfurt. Gegen Husten schwört Mayer auf einen Tee aus Süßholz mit Thymian: „Für mich das Beste, das es überhaupt gibt.“
Nachgewiesen sei die Wirkung der Süßholzwurzel - auch Hauptbestandteil von Lakritz - außer gegen Husten und Heiserkeit auch gegen Magengeschwüre. Die Traditionelle Chinesische Medizin verwende Süßholzwurzeln als Standardmittel gegen viele Leiden.
Süßholz ist eine bis zu einem Meter hohe Staude, die zu den Schmetterlingsblütlern gehört und im Mittelmeerraum, Kleinasien und dem Kaukasus bis nach Iran, Zentralasien, Südrussland und China wild wächst. Einzelne Vorkommen des wärmeliebenden Steppenbewohners gebe es auch am Oberrhein, sagte Mayer. Seit rund 500 Jahren werde die Pflanze außerdem bei Bamberg angebaut. Verwendet wird ausschließlich die getrocknete Wurzel. Sie habe mehr als 400 verschiedene Inhaltsstoffe, darunter das Glycyrrhizin, das fast 50 Mal so süß sei wie Rohrzucker, sagte Mayer.
Der größte Teil der in Arznei-Tees und Lakritz verarbeiteten Wurzeln wird wild gesammelt. Vorteil aus Sicht der Würzburger Fachleute: Die Pflanzen wachsen natürlich, ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel - „ich habe also astreine Bio-Ware“, sagte Mayer.
WWF-Experten wiesen auf Gefahren des Sammelns in der Natur hin: Die große Nachfrage nach Süßholzwurzeln - allein Deutschland importiere jedes Jahr mehr als 500 Tonnen - habe in einigen Regionen bereits zu einer Übernutzung geführt. Der WWF setze sich deshalb für eine nachhaltige Ernte ein, bei der bestimmte Standards eingehalten werden müssen, sagte Expertin Susanne Honnef. Ziel sei es, die Pflanzen weiter zu nutzen und gleichzeitig die Bestände zu erhalten. Dafür gibt es das „FairWild“-Zertifikat, das auf deutschen Produkten allerdings noch nicht vermerkt ist. Von den rund 60 000 Arzneipflanzen weltweit seien rund 15 000 gefährdet, sagte Honnef.
Seit 1999 wähle der Würzburger Studienkreis die Arzneipflanze des Jahres, um die „Apotheke der Natur“ bekannt zu machen, sagte Mayer. Im Studienkreis sind Medizinhistoriker, Ärzte, Apotheker und Biologen vertreten. Das Gewächs soll eine interessante Kultur- und Medizingeschichte aufweisen und seine Wirkung erwiesen sein. In diesem Jahr ist die Passionsblume Arzneipflanze des Jahres.