Diabetikerwarnhunde helfen Patienten
Aschau i. Chiemgau (dpa) - Blindenführhunde sind allgemein anerkannt, Lawinensuchhunde werden geachtet. Doch Vierbeiner, die eine gefährliche Unterzuckerung eines Diabetikers regelrecht riechen, sind in Deutschland längst nicht bei allen Ärzten geschätzt.
Speziell ausgebildete Hunde können Diabetiker vor einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung bewahren. „Ein Diabetikerwarnhund hilft einem Patienten, Stoffwechselentgleisungen zu erkennen, indem er dies durch erlerntes Verhalten wie etwa Bellen rechtzeitig anzeigt“, sagt die österreichische Tierärztin Veronika Größl. Auch Anstupsen oder Ablecken seien möglich. Die promovierte Veterinärmedizinerin bildet selbst Diabetikerwarnhunde aus.
Die Hilfsdienste eines solchen Tieres gehen nach Aussage der nahe Wien lebenden Ärztin noch weiter: „Der Hund kann auch die Tasche mit dem Blutzuckermessgerät, Kohlenhydrate wie Traubenzucker oder Säfte bringen, bei Bedarf vor allem in der Nacht Hilfe holen oder bei allein lebenden Diabetikern eine Notfalltaste betätigen.“
Was der Hund genau bei der Unterzuckerung eines Menschen wahrnimmt, ist nach wie vor nicht zweifelsfrei erwiesen. „Man nimmt an, dass Hunde Unterzuckerungen an Veränderungen der chemischen Zusammensetzung von Atem und Schweiß erkennen“, erläuterte Größl. „Das bei einer Hypoglykämie ausgeschüttete Stresshormon Adrenalin bewirkt die Produktion des sogenannten kalten Schweißes, den feine Hundenasen bereits in kleinsten Mengen wahrnehmen können.“
Bei der Ausbildung von Diabetikerwarnhunden werde der Geruchssinn mit Kleidungsstücken trainiert, die bei Unterzuckerungen getragen wurden. Dabei sei es von größter Wichtigkeit, „dass das Training absolut gewaltfrei und mit positiver Verstärkung erfolgt“, ergänzte die selbst seit fast 30 Jahren an Diabetes erkrankte Tierärztin. Nicht alle Hunde eigneten sich für die Ausbildung. „Die wichtigste Eigenschaft ist eine geruchsempfindliche Nase.“ Zudem müsse ein Assistenzhund gut sozialisiert, lern- und menschenfreundlich sein.
In den Niederlanden wird nach Erkenntnissen Größls ein Teil der Kosten wie bei Blindenführhunden von den Krankenkassen übernommen, „was für eine Anerkennung spricht“. In Österreich können Diabetikerwarnhunde nach bestandener Prüfung vom Bundessozialamt in den Behindertenausweis ihres Halters mit eingetragen werden. In Deutschland verlangten die Ärzteverbände erst noch weitere wissenschaftliche Veröffentlichungen über Diabetikerwarnhunde. „Hundeliebhabende Ärzte sind aber bereits meist überzeugt.“
Neben einer Unterzuckerung bei Diabetes können Hunde auch Epilepsie erkennen. Krebsanzeigehunde spüren Krebszellen bereits in sehr frühem Stadium. Bei einem Symposium am Chiemsee am vergangenen Wochenende (18. bis 20. November) informierten sich rund 300 Teilnehmer, darunter auch Tierärzte und Hundetrainer, über Themen wie Physiotherapie oder Traditionelle Chinesische Medizin für Hunde. Veranstalter des mittlerweile zehnten Treffens ist die 1993 von der Tiertrainerin Clarissa von Reinhardt gegründete Organisation „Animal Learn“. Sie stellt den gewaltfreien Umgang mit dem Hund in den Mittelpunkt ihrer Arbeit.