Tag des Lärms: Dieser Krach nervt am meisten
Sankt Augustin (dpa) - Dröhnender Verkehrslärm, wummernde Bässe und hohe Geräuschkulissen: Oft wünschen sich Menschen einfach nur Ruhe. Der Tag des Lärms (27. April) unterstützt die Forderung. Denn Lärm macht krank.
Verkehr: Ratternde Lastwagen, quietschende Autos und dröhnende Motorräder gehen den meisten Menschen auf die Nerven. In einer Umfrage des Umweltbundesamtes (UBA) gaben fünf von sechs Teilnehmern (83 Prozent) an, sich von Verkehrslärm gestört zu fühlen. Fast die Hälfte (45 Prozent) fühlt sich von Flugzeugkrach beeinträchtigt und zwei von fünf Abstimmenden (40 Prozent) vom Schienenverkehr. An der seit 2002 im Internet laufenden Umfrage beteiligten sich knapp 70 000 Menschen. Männer sind überproportional vertreten. Besonders unbeliebte Lärmquellen sind Motorräder und Laubblasgeräte.
Lärm könne nachweisbar krank machen, sagte der UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Es sei davon auszugehen, dass chronischer Straßenlärm bundesweit jährlich etwa 4000 Herzinfarktfälle verursache. Die europäische Umgebungslärm-Richtlinie werde unzureichend angewendet, sagte er. Kernstück dieser Verordnung sei der Lärm-Aktionsplan, den die Kommunen selbst erarbeiten sollen.
Kindergarten: In Kindertagesstätten sind Mädchen und Jungen oft zu viel Lärm ausgesetzt. Der Krach vermindere die Konzentrationsfähigkeit der Kinder, warnte die Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt anlässlich. Studien hätten gezeigt, dass es in Kitas Spitzenwerte wie bei lautem Verkehrslärm oder im Maximum sogar wie bei einer Kreissäge gebe. Dies sei sowohl Krach der Kinder selbst, als auch Lärm von draußen, erläuterte eine Sprecherin.
Kinder litten besonders unter dem Lärm, weil sie Sprache in einer lauten Umgebung nicht gut identifizieren könnten. „Die kindliche Sprachverarbeitung ist keineswegs so gut trainiert und robust und daher viel störanfälliger als die Erwachsener“, hieß es in einer Mitteilung.
Disco: Jugendliche setzen sich in Discos einem hohen Lärmpegel aus. Das Gehör kann bereits dauerhaft beeinträchtigt werden, wenn Discobesucher zwei Stunden pro Woche laute Musik hören. Solche regelmäßigen Discobesuche könnten das Risiko einer späteren Schwerhörigkeit um das Zehnfache erhöhen, sagte der Lärmforscher Martin Liedtke. Untersuchungen zufolge leiden fünf Prozent derjenigen, die sich 24 Jahre lang zwei Stunden pro Woche in extrem lauten Räumen beschallen lassen, unter geringer oder mittlerer Schwerhörigkeit.
Liedtke empfiehlt Jugendlichen, nur mit Gehörschutz in Clubs zu gehen. Sie können auch den DJ darum zu bitten, den Lärmpegel zu senken. Umfragen hätten ergeben, dass die meisten Discogänger nichts gegen weniger stark wummernde Beats haben. Das Gute: Das Absenken zu lauter Musik werde vom Gehör verhältnismäßig wenig wahrgenommen, sagte Liedtke. Wenn eine extrem hohe Schallintensität beispielsweise um das Zehnfache abgesenkt wird, denke der Clubgänger, dass die Lautstärke nur um die Hälfte reduziert wurde.
MP3-Player: Beim Musikhören mit dem MP3-Player warnt Lärmforscher Liedtke davor, ihn bis zum Anschlag aufzudrehen. Sechs von zehn Balken auf der Lautstärke-Skala eines Abspielgeräts seien hingegen unbedenklich.
Wie stark Musik das Gehör beeinträchtigen kann, hängt auch von der Musikart ab: Zu laut abgespielte Charts mit Pop- und Rocksongs sind für das Ohr deutlich schädlicher als Oldies und Jazz. Denn aktuelle Popstücke hätten kaum ruhige Sequenzen, und der Lärmpegel in einem Song sei fast durchgängig hoch. Am wenigsten belastet Klassik das Gehör, denn Beethoven und Mozart hätten in ihren Stücken auch ruhigere Abschnitte.
Kino: Entwarnung gibt Liedtke hingegen für Kinobesucher, die im akustischen Dauerbeschuss von Actionfilmen um ihr gutes Gehör fürchten. „Der Kinobesuch an sich ist ungefährlich.“ Nur wer länger als sechs Stunden pro Tag im Kinosessel Actionkracher konsumiert, habe Grund zur Besorgnis.
Test: Lärmforscher Liedtke hat einen Lärmbelastungsrechner entwickelt, der sich im Internet herunterladen lässt. Mit ihm können Discobesucher die Gefahr für das eigene Gehör analysieren.