Urteil: Junge kommt nicht auf Liste für Spenderherz
Gießen (dpa) - Die Uniklinik Gießen muss einen herzkranken Jungen mit schwerem Hirnschaden nicht auf die Warteliste für ein Spenderorgan setzen.
Das hat das Landgericht Gießen heute nach einem monatelangen Streit mit den Eltern des Kindes entschieden. Es stützte damit das Vorgehen der behandelnden Ärzte, die den Zweijährigen wegen der Schädigung und den damit verbundenen Risiken für nicht transplantationsfähig halten. Der Anwalt der Eltern will Rechtsmittel einlegen. Der Junge ist derzeit an ein künstliches Herz angeschlossen.
Die Eltern waren mit ihrem Sohn zur Behandlung aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Kurz vor der Abreise Ende März erlitt er einen Herzstillstand. In Gießen stellte sich heraus, dass der Zweijährige dadurch einen schweren Hirnschaden erlitten hatte. Nach der Entscheidung der Ärzte, das Kind nicht auf die Warteliste zu setzen, hatten die Eltern im September das Gericht angerufen.
Die Einschätzung der Ärzte sei nicht zu beanstanden, hieß es jetzt in der Urteilsbegründung. Auch die entsprechende Norm des Transplantationsgesetzes und die Richtlinien der Bundesärztekammer seien wirksam. Auf diese Regelungen hatten sich die Mediziner berufen.
Der Fall hatte für großes Aufsehen gesorgt. Kritiker warfen den Ärzten vor, sie diskriminierten Behinderte. Die Klinik hatte das mehrfach zurückgewiesen. Auch in dieser Frage gab es Rückendeckung des Gerichts: Es liege keine Diskriminierung vor, erklärte der Richter. Nicht die Hirnschädigung an sich, sondern die damit verbundenen erhöhten Operationsrisiken seien ein Hindernis für die Transplantation.
Der Anwalt der Eltern bedauerte die Entscheidung des Gerichts. Es blende die vorgebrachte Kritik am Transplantationsgesetz und den Richtlinien der Bundesärztekammer aus.
Der Sprecher des Uniklinikums in Gießen sagte, man sehe sich durch das Urteil in der Einschätzung des Falls „vollumfänglich“ bestätigt. Man werde jetzt auf die Eltern zugehen und die noch verbleibenden Behandlungsmöglichkeiten besprechen.
In dem Streit hatten sich die Eltern mit der Klinik zunächst auf einen sogenannten Zwischenvergleich geeinigt. Demnach bekamen die Eltern vier Wochen Zeit, eine andere Klinik für ihren Sohn zu finden. Weil das scheiterte, musste nun das Gericht entscheiden.