Verdacht auf Ärztepfusch: Kasse oder Schlichtungsstelle fragen
Bielefeld (dpa/tmn) - Im Prozess um Brustimplantate aus Billig-Silikon wird wohl so schnell kein Urteil gesprochen werden. Doch minderwertige Silikon-Kissen sind nicht das einzige Thema, das Patienten bewegt.
Was bei Verdacht auf Ärztepfusch zu tun ist, dazu hier mehr.
Im Schadenersatz-Prozess um Brustimplantate aus gesundheitsschädlichem Billig-Silikon ist keine rasche Entscheidung in Sicht. Das Landgericht Karlsruhe verkündete am Freitag (30. November) den Beschluss, ein Sachverständigengutachten zur Aufklärung der Patientin vor der Operation einzuholen. Erst nach Erstellung des Gutachtens solle weiter verhandelt werden, erläuterte ein Gerichtssprecher. Das könne erfahrungsgemäß etwa ein Jahr dauern.
Der Klägerin waren Implantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) eingesetzt worden, die mit billigem Industriesilikon gefüllt sind. Sie verlangt Schmerzensgeld und Schadenersatz. Es ist der erste Prozess dieser Art in Deutschland. Insgesamt sind nach Behördenangaben 5000 Frauen von dem Skandal um mangelhafte Implantate betroffen.
Vermuten Patienten einen Behandlungsfehler, sollten sie sich als erstes an den behandelnden Arzt wenden. „Im Idealfall erkennt der Arzt den Fehler an und informiert seine Haftpflichtversicherung, damit der Patient Schmerzensgeld erhält“, sagt Judith Storf von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Häufig stoßen Betroffene mit ihrem Anliegen bei Arzt oder Klinik aber auf taube Ohren. Dann stehen ihnen zwei andere Ansprechpartner zur Verfügung: die eigene Krankenkasse und die Schlichtungsstelle der Ärztekammer. Letzter Schritt sei eine Klage auf Schmerzensgeld und Schadenersatz, sagt Storf, die in der Beratungsstelle Bielefeld der UPD arbeitet.
Zunächst geht es um die Frage, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt. Das ist der Fall, wenn der Arzt schuldhaft etwas falsch gemacht hat und der Patient dadurch einen Schaden davon getragen hat. „Auch mangelnde Aufklärung vor einer Operation ist schon ein Behandlungsfehler“, betont Storf. Sage ein Mediziner vor einer Brustvergrößerung zum Beispiel, das verwendete Implantat sei absolut sicher - nach dem Motto: „Das nehmen Sie mit ins Grab“ -, könnte das also ein Fehler sein.
Bevor gesetzlich Krankenversicherte den Rechtsweg einschlagen, sollten sie sich allerdings um eine außergerichtliche Einigung bemühen. Dazu bitten sie am besten ihre Kasse um ein kostenloses Gutachten des Medizinischen Dienstes (MDK). „Wenn das Gutachten bestätigt, dass der Verdacht auf einen Behandlungsfehler besteht, ist das ein gewichtiges Argument“, erläutert Storf. Damit könnten sich Patienten erneut an den „Verursacher“ des Behandlungsfehlers wenden - in der Hoffnung auf Entschädigung über die Haftpflichtversicherung von Arzt oder Klinik.
Diese lässt sich möglicherweise auch über die Schlichtungsstelle der regional zuständigen Ärztekammer erzielen. „Das Problem bei manchen Schlichtungsstellen ist: Beide Seiten - Patient und Arzt - müssen damit einverstanden sein“, erklärt Storf. Weigere sich der Arzt, an dem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, sei es gestoppt. Bringen all diese Schritte nichts, sei eine Zivilrechtslage auf Schmerzensgeld und Schadenersatz der letzte Ausweg.
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