Vom Krankenbett zur Gymnastik: Wenn die Reha zu früh beginnt
Bad Oeynhausen (dpa/tmn) - Eine neue Hüfte, ein neues Knie oder eine Bandscheiben-OP: Wer einen solch großen Eingriff hinter sich hat, kommt in der Regel nach dem Krankenhaus in die Reha. Manch einer fühlt sich aber für Bewegungsbad und Krankengymnastik nicht fit genug.
Kommen Patienten heute früher in die Reha?
Laut der REDIA-Studie blieben Patienten nach Einsetzen einer Hüftprothese im Jahr 2003 im Schnitt gut 17 Tage im Krankenhaus, 2011 waren es noch gut 12 Tage. Für die Studie des Centrums für Krankenhaus-Management der Universität Münster wurden unter anderem die Daten von 1334 Reha-Patienten der Orthopädie erhoben.
Bei einer Knieprothese verkürzte sich die Zeit um gut 5 Tage auf 13 Tage, bei Operationen der Bandscheiben waren es 2003 knapp 11 Tage in der Akutklinik acht Jahre später im Durchschnitt nur noch gut 8. Auch der Zeitraum zwischen dem Tag der OP und dem Start der Reha verkürzte sich bei den Eingriffen von 20 Tagen im Jahr 2003 auf 16 Tage im Jahr 2011.
Welche Nachteile haben Patienten durch einen früheren Reha-Beginn?
„Im schlechtesten Fall können Patienten durch die Reha nicht so fit werden, wie es eigentlich möglich wäre“, sagt Stefan Palmowski, Berater bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschlands (UPD). Möglicherweise können sie erst später als vorgesehen mit den Anwendungen starten.
„Wenn die Wundheilung noch nicht abgeschlossen ist, kann ein Patient nicht ins Bewegungsbad“, sagt Hans-Jürgen Hesselschwerdt. Er ist vom Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt der Theresienklinik in Bad Krozingen.
Gibt es auch Vorteile einer frühen Reha-Behandlung?
„Wenn sich eine gute Reha anschließt, ist es förderlich, wenn die Patienten früh kommen“, sagt Prof. Paul Schönle. Er ist von der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation und Ärztlicher Direktor der Maternus-Klinik für Rehabilitation in Bad Oeynhausen. Dann muss der Patient aber dort abgeholt werden, wo er steht. „Hat er schwere Herz- und Kreislaufprobleme, beginnt man eben mit der Mobilisation im Liegen.“
Wann ist es zu früh für die Reha?
Als „rehabilitationsfähig“ gelten Patienten, wenn sie körperlich und psychisch die notwendige Belastbarkeit und Motivation für die Mitarbeit in der Reha mitbringen. So definiert es der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Im Klartext heißt das: Wer Fieber hat, eine entzündete Wunde, Probleme mit dem Herz oder eine neu diagnostizierte Krankheit wie etwa Diabetes, gehört erst einmal nicht in die Reha, erklärt Schönle.
Aber: „Bei Mehrfach-Erkrankungen oder Krankheiten wie Multiple Sklerose oder selbst Alzheimer ist Rehabilitation möglich. Sie muss nur an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden.“
Was kann ein Patient im Krankenhaus machen, wenn er sich nicht fit genug für die Reha fühlt?
Am besten bittet man seinen behandelnden Arzt im Krankenhaus um ein Gespräch, empfiehlt Patientenberater Palmowski. Ihm sollte man seine Befürchtungen schildern und ihn dann um seine Meinung bitten. Eine andere Möglichkeit ist, den Sozialdienst des Krankenhauses zu kontaktieren - der kann im Fall des Falles auch bei notwendigen Formularen helfen. Eigentlich sollte die Reha etwa nach dem Einsetzen von Hüft- oder Kniegelenken als Anschlussheilbehandlung spätestens zwei Wochen nach der Behandlung im Krankenhaus beginnen.
Allerdings sieht das Sozialgesetzbuch Ausnahmen vor, nämlich dann, wenn diese Frist aus zwingenden medizinischen Gründen nicht eingehalten werden kann. „Man verliert grundsätzlich nicht den Anspruch auf eine Reha“, sagt Palmowski.
Wie werden Patienten in der Zwischenzeit versorgt?
„Das ist eine kleine Grauzone“, sagt Palmowski. „Denn es ist keine stationäre Behandlung mehr notwendig, andererseits ist man nicht fit genug, um zu Hause alleine klarzukommen oder in die Reha zu gehen.“ Für diese Zeit gibt es drei Möglichkeiten: Die Patienten kommen trotzdem in die Reha, nach Hause oder in die Kurzzeitpflege.