Von der Hand in den Mund: Streetfood schmeckt und hat Tradition
Köln (dpa/tmn) - Einmal Currywurst, bitte. Oder doch lieber Fish & Chips? Was man an Imbissbuden bekommt, ist manchmal zweifelhafter Herkunft. Zu Hause lassen sich solche Speisen schnell und besser zubereiten.
Was einem Deutschen die Imbissbude ist, sind anderswo die fliegenden Essenshändler. Aber nicht nur in Asien, Südamerika oder im Nahen Osten gibt es Verkäufer, die ihren Kunden quasi im Vorübergehen allerlei frisch zubereitete Kost feilbieten. Manches sogenannte Streetfood findet sich auch hierzulande auf Festivals, Jahrmärkten oder in belebten Fußgängerzonen. Wieder anderes ist schon lange fest verankert: Kebab, Hot Dogs oder Pizza sind nur ein paar Beispiele. Vieles davon lässt sich prima zu Hause zubereiten - so weiß man, was drin ist und woher die Zutaten stammen.
Das ist bei unterwegs erworbener Kost eher selten der Fall. Die Qualität des Essens außer Haus sei oft sehr schlecht, klagt zum Beispiel der Fernsehkoch Mario Kotaska aus Köln, der viel auf Achse ist. „Das hat mir selbst die Renaissance der klassischen Brotdose verschafft“, sagt der Gastronom, der sich vor einigen Jahren mit einer Art mobilen Frittenbude auf höchstem Niveau selbstständig gemacht hat. „Eine ordentliche Gulaschsuppe kriege ich halt nirgends.“ Sein persönlicher Favorit sei ein Brot mit Ahle Worst, einer Wurst-Spezialität aus seiner nordhessischen Heimat. „Das dauert 2 Minuten 15 in der Herstellung und schmeckt wahnsinnig geil.“
Aber für unterwegs bietet sich noch viel mehr an. Man müsse nur mal bei den Nachbarn Deutschland schauen, was es da alles Köstliches gebe, belgische Pommes oder holländische Frikandel etwa. Auch die Straßenküchen Asiens seien unbeschreiblich vielfältig und lecker, schreibt Kotaska in seinem Buch „Streetfood“, in dem er Rezepte für schnelles Essen zwischendurch oder unterwegs versammelt hat.
Ähnlich sehen das die Autoren Carla Diamanti und Fabrizio Esposito eines ebenfalls mit „Streetfood“ betitelten Buchs: „Das bunte Treiben auf den Märkten und die regionalen Eigenheiten, die sich in den vielfältigen, fest verwurzelten Bräuchen und Essgewohnheiten widerspiegeln, faszinieren uns in Asien.“ Und das milde Klima im Mittelmeerraum bringe die Menschen dazu, einen Großteil ihres Lebens draußen zu verbringen. „Wo sich das Leben vorwiegend auf Straßen und Plätzen abspielt, wird selbstverständlich auch im Freien gegessen.“
Welche Einflüsse auch immer eine Rolle spielen - wichtig ist für Kotaska, dass die Speisen schnell zubereitet und schnell verzehrt werden können. Kurze Garzeiten seien der Vorteil vieler asiatisch angehauchter Rezepte. Für seine marokkanische Currywurst grillt er schnell ein paar Merguez-Würste, die zumeist aus Lammfleisch bestehen, und bereitet aus Tomaten, Zwiebel, Olivenöl, Knoblauch, Anapurna-Curry, Weißwein und Kreuzkümmel im Handumdrehen eine Soße zu. Einen frischen Salat packt er ohne Dressing in ein Glas mit Bügel- oder Schraubverschluss, die Soße kommt in extra Gefäß.
„Wahnsinnig schnell“ gehe auch Seeteufel im Kichererbsenmantel mit Tomatensalsa, sagt Kotaska. So exotisch muss es nicht immer sein - auch der englische Streetfood-Klassiker Fish 'n' Chips hat seine Berechtigung. Zum Verzehr etwa brauche es nur ein aus Papier gefaltetes Körbchen und eine Holzgabel, betonen Diamanti und Esposito. Je nach Laune könne der Koch den Backteig, der das Fischfilet umgibt, variieren und mit Bier oder Milch verfeinern. Ebenfalls gut aus der Hand zu essen sei die pizza a portafoglia aus Neapel. Ihre runde, in Form einer Tasche gefaltete Gestalt mache sie zum perfekten Snack für den Stadtbummel, ganz ohne Kleckern.
Der größte Unterschied zwischen Streetfood und Fast Food ist nach Einschätzung von Luke Upchurch von der weltweit tätigen Verbraucherschutzorganisation Consumers International (CI) die Art und Weise, wie das Essen zubereitet und vertrieben wird. Oft stehen hinter den Streetfood-Händlern kleine Familienbetriebe. „Die Zutaten sind meist frisch, stammen aus der Region und werden traditionell zubereitet. Das Essen ist ein integraler Bestandteil der lokalen Kultur und gehört zur täglichen Routine von Pendlern“, erläutert Upchurch. Fast Food mit seinen industriell gefertigten Bestandteilen und seinen weit entfernt angesiedelten Firmenzentralen dagegen habe dagegen wenig mit der Umgebung zu tun, in der es verkauft wird.
CI hat vor einigen Jahren das Projekt Streetfood ins Leben gerufen und dabei herausgefunden, dass das Essen von und auf der Straße bis zu 40 Prozent der täglichen Ernährung der Bevölkerung in den Entwicklungsländern ausmacht. Globalisierung und Urbanisierung allerdings bedrohen diese uralten Traditionen, die immer wieder an den Rand gedrängt würden. „Zuletzt haben wir das in Bangkok, Delhi und Harare gesehen, um nur ein paar zu nennen“, so Upchurch. „Verbraucher lieben Streetfood, und deshalb sollte es immer Bestandteil von Stadtentwicklung sein“, lautet sein Appell daher. Das es auch anders geht, zeige das Beispiel Singapur: Dort seien unmittelbar neben westlich anmutenden Shopping-Malls extra Zonen für die lokalen Essensanbieter geschaffen worden.
Literatur:
- Mario Kotaska: Street Food, AT Verlag, 240 S., 24,90 Euro, ISBN-13: 978-3038006954
- Carla Diamanti/Fabrizio Esposito: Streetfood. Authentische Snacks aus aller Welt, Ullmann/Tandem, 192 S., 14,99 Euro , ISBN-13: 978-3833156144