Vor Rücken-Operationen Zweitmeinung einholen
Berlin (dpa) - Immer mehr Menschen schmerzt der Rücken. Was sind die Gründe dafür? Drei Fragen an den Unfallchirurgen Hans-Josef Erli, Chefarzt am Vivantes Humboldt-Klinikum in Berlin.
Wird heute zu schnell operiert?
Erli: Jein. Die Wirbelsäulenchirurgie insgesamt ist ja noch recht jung. Da gibt es durchaus einen Bedarf, der vorher nicht gedeckt werden konnte. Allerdings wird teils auch zu schnell operiert. Es ist immer sinnvoll, sich als Patient im Zweifelsfall eine zweite Meinung einzuholen. Wenn möglich, sollte man zunächst alle konservativen Möglichkeiten ausschöpfen, wie Rückenschule und Krankengymnastik, dann als zweite Stufe Medikamente oder Spritzen. Denn auch operative Eingriffe können Folgen haben.
Was sind denn die häufigsten Eingriffe am Rücken?
Erli: Es gibt zwei Bereiche mit besonders großem Zuwachs. Zum einen sind das Zementaufspritzungen bei osteoporotischen Brüchen. Osteoporose wird auch ein wachsendes Problem, weil die Bevölkerung älter wird. Zum anderen sind es Eingriffe wegen Rückenschmerzen als Hauptsymptom, die dann in die Beine ausstrahlen oder zu Nervenirritationen führen. Dabei sind durch Verschleiß Engstellen entstanden, die dann aufgeweitet werden, oder, wenn der Verschleiß stärker ist, versteift werden müssen. Auch Bandscheiben-Operationen gehören dazu, die betreffen aber eher die jüngeren Patienten.
Was für Alternativen zur OP gibt es bei Rückenbeschwerden?
Erli: Allein schon durch den aufrechten Gang hat der Mensch neuralgische Stellen im Lenden-Becken-Übergang, anlagebedingt. Dann ist da der Gewichtsfaktor und oft mangelndes Training für die Muskulatur. Überlastungen, auch durch übertriebenen Sport, kommen hinzu. Ein Teil dieser Faktoren kann man beeinflussen, etwa durch Rückenschule und das Trainieren bestimmter Muskelgruppen. Bei Rückenbeschwerden ist es aber immer gut, das Problem abzuklären. Dann kann man entscheiden, welche Therapie passt, und eventuell eben bewusst darauf verzichten, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.