Welt-Alzheimerbericht: Große Lücken bei Diagnose

London (dpa) - Im Alter nur oft vergesslich - oder etwa dement? Die meisten Demenzerkrankungen werden nach dem Welt-Alzheimerbericht viel zu spät erkannt. Dabei könnten Medikamente den Patienten helfen und auch Kosten sparen, wenn sie frühzeitig eingesetzt werden.

Die Diagnose kommt oft unnötig spät: Rund um den Globus leben dem Welt-Alzheimerbericht 2011 zufolge etwa 27 Millionen Menschen mit unentdeckten Demenzkrankheiten. Bei bis zu drei Vierteln der geschätzten insgesamt 36 Millionen Demenzkranken weltweit sei das Leiden bisher nicht diagnostiziert worden, heißt es in dem Report, den Forscher des Londoner King's College am Dienstag (13. September) vorlegten.

Die Diagnose unterbleibe häufig, weil Mediziner der Auffassung seien, Demenz sei eine normale Folge des Älterwerdens. Den Betroffenen werde dadurch der Zugang zu geeigneten Medikamenten und Therapien verwehrt. Regierungen sollen „jetzt Geld ausgeben, um später zu sparen“, legt der Bericht den Politikern ans Herz.

In Industrieländern beträgt die Erkennungsquote für Demenzkrankheiten 20 bis 50 Prozent. Experten fanden dem Bericht zufolge heraus, dass Medikamente umso effektiver sind, je früher sie eingesetzt werden. „Das ist auch ein starkes wirtschaftliches Argument für frühe Diagnosen und rechtzeitige Intervention.“

Demnach könnten bis zu rund 7500 Euro pro Patient etwa dadurch gespart werden, dass Patienten später in Heimen untergebracht werden oder im Krankenhaus behandelt werden müssen. Ein entschlossenes ärztliches Eingreifen bereits im frühen Stadium etwa bei Alzheimer-Patienten könne die „Wahrnehmung, Unabhängigkeit und Lebensqualität verbessern“, heißt es in dem Bericht weiter.

Der Report war von Alzheimer Disease International (ADI) in Auftrag gegeben und von dem Team unter Leitung von Professor Martin Prince vom Londoner King's College vorgelegt worden. Die Experten haben nach eigenen Angaben erstmals das gesamte bekannte Forschungsmaterial zur Frühdiagnose bei Demenzerkrankungen gesichtet.

„Es gibt nicht den einen Weg, wie man die Lücke bei Demenzuntersuchungen weltweit schließen kann“, sagte Prince. „Klar ist aber, dass jedes Land eine eigene Demenzstrategie braucht, die frühe Diagnosen begünstigt und kontinuierliche Pflege gewährleistet.“

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die Zahl der Demenzpatienten weltweit drastisch erhöhen wird. Im Jahr 2050 wird bereits mit 115 Millionen Demenzkranken gerechnet. Bereits im vergangenen Jahr wurden die volkswirtschaftlichen Kosten für die Erkrankung mit 604 Milliarden US-Dollar (701 Milliarden Euro) angegeben, rund ein Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Der September 2011 wurde zum Welt-Alzheimermonat ausgerufen.