Wenn der Alltag unüberwindbar wird - Hilfen nach dem Schlaganfall

Düsseldorf (dpa) - Nach einem Schlaganfall ist oft nichts mehr, wie es war. Alltägliche Dinge von Essen bis Anziehen werden zu fast unüberwindbaren Hürden. Doch es gibt praktische Hilfen, den Alltag wieder zu meistern.

Das rechte Bein ist steif, der Boden schwankt unter den Füßen, der Arm hängt schlaff herunter, dunkle Schatten schränken die Sicht ein. Die Jacke oder einen Pullover anziehen? Geht nicht mehr. Einen Brief unterschreiben? Es kann Minuten dauern, bis man den Stift zwischen die steifen Finger geklemmt hat und krakelig den Namen schreibt.

Wenn man als gesunder Mensch in den Schlaganfall-Simulator des Kölner Unternehmens Reintegro steigt, ist das ein Schock. Man bekommt eine Ahnung davon, wie ein früher selbstbestimmter Mensch plötzlich bei den alltäglichsten Verrichtungen auf Hilfe angewiesen ist. Menschen mit Schlaganfall sind zudem oft auch ihrer Sprache beraubt.

„Versicherungen und Unfallkassen würde ich gern in den Simulator packen, um sie für das Krankheitsbild zu sensibilisieren“, sagt Reintegro-Geschäftsführer Manfred Smeja. Den Simulator aus verschiedenen orthopädischen Manschetten und einer teilweise schwarz zugeklebten Brille präsentiert Smeja auf der Pflegemesse Rehacare in Düsseldorf. Ausprobieren können ihn auch Angehörige von Betroffenen.

Fast 270 000 Menschen erleiden hierzulande nach Angaben der Deutschen Schlaganfall-Hilfe jährlich einen Schlaganfall. 80 Prozent von ihnen sind älter als 60 Jahre und damit meist im Rentenalter. Das bedeutet, dass rund 54 000 Betroffene jünger sind.

Reintegro hilft Menschen mit Schlaganfall beim Wiedereinstieg in den Beruf. Die „Klienten“ sind zwischen 20 und 50 Jahre alt. „Je jünger sie sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gehirn den Schlaganfall kompensiert“, sagt Smeja. Bis zu zwei Jahre dauere es, Betroffene wieder in den Beruf zu bringen. Rund 150 Menschen mit Schlaganfall wurden von Reintegro 2012 betreut. Ein Viertel schaffe es, wieder in Vollzeit zu arbeiten, 40 bis 45 Prozent gingen in Teilzeit, sagt Smeja.

Wer einen Schlaganfall erlitten hat, muss aber zunächst die einfachsten Dinge des Alltags wieder bewältigen. Die Rehacare (25. bis 28. September) präsentiert dafür zahlreiche Hilfsmittel. Diese können erstaunlich einfach sein wie etwa die 35 Euro teure Ausstiegshilfe fürs Auto von der Firma Rehastage. Der Griff wird horizontal in den Türschlosshaken der Autotür eingesetzt. Beim Aussteigen stützt man sich auf den Bolzen, der im übrigen auch als Eiskratzer verwendet werden kann.

High-Tech ist dagegen die kleine Computer-Funkmaus „Quha Zono“, die an Brille, Füße oder Hände geklemmt wird. Mit Kopf- oder Gliedmaßenbewegungen kann man damit den Cursor auf einem Computer steuern, das Klicken der Maus funktioniert entweder über einen externen Knopf, der am Computer angeschlossen ist, oder über Zungenbewegungen an einem Mundstück. 750 bis 1100 Euro kostet das Gerät der finnischen Firma Quha Oy inklusive Software.

Das Schwierigste für Schlaganfall-Betroffene ist das Greifen. Häufig ist eine Körperseite weitgehend gelähmt, eine Hand steif und krumm. Eine zangenförmige Greifhilfe der Firma Gripability ermöglicht es, auch mit der steifen Hand wieder Messer und Gabel zu benutzen, Spielkarten zu halten oder einen Schraubenzieher zu benutzen.

„Für Menschen, die keine Hand mehr haben, gibt es High-Tech-Prothesen“, sagt Geschäftsführer Patrick Oeffner. „Aber für Menschen, die ihre Hände noch haben, aber nicht mehr benutzen können, gibt es nichts.“ Der 43-Jährige ist seit seinem 18. Lebensjahr querschnittsgelähmt und hat die etwa 3000 Euro teure Greifhilfe mit einem 13-köpfigen Team entwickelt.

Doch selbst für einen gesunden Menschen ist die Koordination mit der Greifhilfe anspruchsvoll. „Wir machen den Alltag unter Umständen sogar anstrengender“, sagt Oeffner. „Aber es erweckt die schwache Körperseite zum Leben.“