Wenn der Schuh drückt - Schmerzhafte Fußfehlstellung behandeln
Wuppertal (dpa/tmn) — Falsche Schuhe, erbliche Veranlagung, zu viel Gewicht: Deshalb können sich die Füße krankhaft verändern. Oft helfen Einlagen bei einem Ballen - medizinisch Hallux valgus genannt.
Eine Operation sollte der letzte Schritt sein.
Kaum ein anderer Körperteil muss so viel arbeiten wie die Füße. Sie werden bei jedem Schritt bewegt. „Pro Tag trägt ein Fuß zusammengerechnet 30 Tonnen Gewicht“, erklärt Orthopäde Nils Lynen von der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk (DAF). Ein Drücken im Schuh kann da ein ernstes Problem sein.
Wird der Ballen auf der Fußinnenseite dick und rot, während sich gleichzeitig der große Zeh zum Nachbarzeh dreht, kann es sich um einen Hallux valgus handeln. Schiefzeh oder Ballen heißt dieses Problem umgangssprachlich. Das sieht in offenen Schuhen nicht nur hässlich aus, es schädigt auch Gelenke und Knochen.
„ Hallux valgus und Fehlstellungen der Kleinzehen sind die häufigsten Probleme in der Fußchirurgie“, sagt Prof. Thomas Mückley vom Vorstand der Gesellschaft für Fußchirurgie. Mit den Fußproblemen sind oft auch Podologen konfrontiert. Die medizinisch ausgebildeten Fußpfleger behandeln Probleme an den Füßen, die nicht sofort ein Fall für Orthopäden oder Chirurgen sind. „Wenn der große Zeh eine X-Stellung hat, erkennt meist auch der Patient einen Hallux valgus sofort“, ergänzt Tatjana Pfersich vom Verband Deutscher Podologen in Reutlingen. Hilfe suchen die meisten Betroffenen weil die dicke, gerötete Stelle an der Innenseite im Schuh schmerzt. Es können sich Schleimbeutel entzünden, oder es tritt sogar Gelenkwasser aus, sagt Pfersich.
Ein Fuß besteht aus 28 Knochen, etlichen Gelenken, Muskeln und mehr als 100 Bändern. „Die spannen sich über den Fuß wie die Streben eines Kirchenfensters“, beschreibt Lynen. Werden die Bänder zu weich, geht der Fuß in die Breite. Genau das passiert beim Hallux valgus im Bereich des Mittelfußknochens. Weiter in Richtung Fußspitze haben die Bänder noch mehr Kraft und halten dort die Knochen enger zusammen. Dadurch schiebt sich in einer Hebelbewegung oft der große Zeh über seinen Nachbarn - und liefert damit das klassische Krankheitsbild. „Das harmonische Gleichgewicht der Sehnen im Fuß ist dann gestört“, ergänzt Mückley, der Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie am Helios-Klinikum in Erfurt ist.
„Frauen sind davon stärker betroffen, weil sie weichere Bänder haben. Nach einer Schwangerschaft verstärkt sich dieser Effekt sogar noch“, erklärt Lynen. Neben einer erblichen Veranlagung spielen auch die Schuhe eine Rolle: Sind sie zu eng, hochhackig und unterstützen sie insgesamt nicht die natürliche Abrollbewegung des Fußes, fördern sie Fehlstellungen wie den Hallux valgus.
Zur Behandlung gehört daher zunächst, den Fuß zu polstern - etwa mit Silikonpölsterchen zur Druckentlastung. Begleiterscheinungen wie Hühneraugen oder Hornhautbildungen behandeln Podologen. Lynen betont, dass Einlagen immer individuell vom Orthopädieschuhmacher angepasst werden müssen: „Moderne, medizinisch passgenaue Einlagen können zum Beispiel bestimmte Auflagepunkte stimulieren und so eine gewünschte Muskelanspannung oder -entspannung anregen“, erklärt er.
Erst wenn Patienten mit der Einlagentherapie immer noch klagen oder sich die Fehlstellung verschlimmert, ist eine Operation der nächste Schritt. „Das ist auch wichtig, um Metatarsalgien zu verhindern“, sagt Mückley. „Darunter versteht man Schäden an Gelenken und Knochen der kleineren Nachbarzehen, die wegen des Hallux valgus überlastet werden.“ Bei einer OP wird die Fehlstellung korrigiert. Manchmal reicht es, nur Weichteile, also die Bänder zu bearbeiten, meist wird der Knochen durchtrennt und anders wieder angesetzt. Die Heilung dauert im Normalfall sechs bis acht Wochen.