Studie Baukindergeld kommt nur wenigen zugute

Berlin (dpa) - Das von der großen Koalition vereinbarte Baukindergeld wird die Eigentumsquote in Deutschland nach Einschätzung von Experten kaum erhöhen. Der Anteil der Haushalte mit Wohneigentum dürfte dadurch um höchstens 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte steigen, sagt das Hannoveraner Pestel-Institut voraus.

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Das Forschungsinstitut stellte nun eine Studie im Auftrag von Immobilienverbänden vor. Die eigenen vier Wände könnte auch als Instrument gegen Altersarmut wirken, hieß es. Beim Besitz von Wohneigentum liegt Deutschland im europaweiten Vergleich jedoch auf den hinteren Rängen. Laut Pestel-Institut haben hierzulande nur 45 Prozent der Haushalte eigenen Immobilienbesitz.

Familien sollen nach dem Willen der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD künftig von einem Baukindergeld von 1200 Euro pro Kind und Jahr profitieren. Es soll innerhalb bestimmter Einkommensgrenzen mit einer Laufzeit von zehn Jahren erhältlich sein.

Das Baukindergeld spreche indes nur jene an, die ohnehin Eigentum anschaffen wollten, schreibt das Pestel-Institut in der Untersuchung. Etwa die Hälfte der Familien mit Kindern lebe ohnehin bereits im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung. „Insofern stellt das Baukindergeld eher eine spezielle Familienförderung als ausgeprägte Wohnungsbauförderung dar“, folgern die Autoren.

Auftraggeber der Untersuchung ist der Branchenzusammenschluss „Verbändebündnis Wohneigentum“, der die Aussagen grundsätzlich unterstützt. Vertreten sind hier die Bundesarchitektenkammer, der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel, der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau und der Immobilienverband IVD. Das Baukindergeld sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagt Corinna Merzyn vom ebenfalls beteiligten Verband Privater Bauherren - auch wenn es das Problem der Alterssicherung nicht für alle löse.

Grundsätzlich dürfte das Baukindergeld die Wohnungsmärkte entzerren und die Nachfrage in preiswertere und eher ländlichere Gemeinden verlagern, nehmen die Autoren an. Der Grund: Die Höhe der Förderung hängt von der Kinderzahl und dem Einkommen ab - nicht vom Kaufpreis. Deswegen ist der Förderanteil bei günstigeren Objekten höher. Allerdings dürfte damit die Zahl der Pendler steigen, was im Konflikt etwa mit Klimaschutzzielen stehe, schreibt das Institut.

Als Ergänzung empfiehlt die Untersuchung ein staatlich gefördertes Kreditprogramm, das mit langfristig garantiert niedrigen Zinsen auch Menschen mit wenig Eigenkapital den Immobilienkauf ermöglichen soll. Über ein Bürgschaftsprogramm könnte der Staat mindestens 20 Prozent des Preises übernehmen. Davon sollten insbesondere Haushalte mit mittlerem und kleinem Einkommen profitieren, schreibt das Institut.

Selbst in einer Stadt wie Berlin sei der Kauf gebrauchter Wohnungen im Normalzustand so realistisch. Ohne Förderung fielen bei 25 Jahren Kreditlaufzeit nach Berechnungen für eine typische Single-Wohnung mit 50 Quadratmetern monatliche Raten von 530 Euro an, für eine 75-Quadratmeter-Wohnung wären es zum günstigsten aktuellen Zinssatz 742 Euro. Wenn ein Drittel des monatlichen Nettoeinkommens dafür eingeplant würde, wäre die kleine Wohnung demnach mit 1590 Euro Nettoeinkommen machbar, die größere mit 2225 Euro.

Ein Förderprogramm sei deshalb auch als Mittel der Alterssicherung zu verstehen, meint das Pestel-Institut. So könnten über 40 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten bei einem Renteneintritt 2030 nur mit monatlichen Zahlungen unter 800 Euro aus der staatlichen Rentenversicherung rechnen. Ohne zusätzliche Alterssicherung könnten die Mietausgaben dann etwa die Hälfte der Nettoeinkünfte ausmachen.

„Dieser Rentenschock ist dramatisch“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts und Hauptautor Matthias Günther. Er spricht von einer „konkreten Gefahr, sich arm zu wohnen“.