Brücken zwischen Inseln: Neues im vernetzten Heim
Berlin (dpa/tmn) - Mit einem Handstreich auf dem Handy kann man die Heizung anstellen, an der Tür geht das Licht an, im Wohnzimmer fahren Rollos runter - wie von Geisterhand. So sieht der Traum vom Wohnen im Smart Home aus: Das Haus reguliert den Alltag.
Doch so einfach ist es für den Verbraucher nicht.
Das liegt daran, dass jeder Hersteller auf eigene Systeme und Apps zur Steuerung setzt. Auf der Elektronikmesse IFA in Berlin (bis 7. September) präsentieren viele Hersteller ihre smarten Lösungen. Gerade die Hausgeräte-Branche läuft heiß: Jahr für Jahr präsentiert sie neue kommunikative Gerätelinien. Miele hat 2016 einen vernetzten Waschtrockner vorgestellt, Siemens einen Kaffeeautomaten, Bosch Kochfelder. Samsung stellte nun auch in Deutschland den Kühlschrank mit integriertem Riesenbildschirm und Android-Bedienoberfläche vor.
Doch: Wie Peter Schnaebele, Chef von Bosch Smart Home, betont, sind rund 80 Prozent der Geräte laut Marktanalysen Einzellösungen, die nur über die zugehörige App steuerbar sind. Das heißt: Das Handy und Tablet kann ganz schön voll werden mit all den Apps für all die Geräte. Der Verbraucher muss sich ganz genau überlegen, welche Produkte er kauft und auf welches System er setzt.
Bosch bündelt nun seine hausbezogenen Bereiche in einer Plattform. Auch weitere Partner und ihre Produkte nutzen dieses Bosch Smart Home System, etwa die hue-Leuchten von Phillips und Bestellservices wie hello fresh und Amazon Dash Replenishment Service. Alle ausgesucht von Bosch. Auch Großkonzerne wie Apple, Google und Amazon lassen kontrolliert Dritte auf ihre Plattform.
Aber der Wettbewerb vieler Plattformen verwirrt - und er schreckt womöglich Verbraucher ab. Insellösungen und Abschottung seien fehl am Platz, betont Willi Klöcker vom BVT Handelsverband Technik. Auch Peter Schnaebele von Bosch Smart Home, sagt: „Die Interoperabilität der Geräte ist die Zukunft - dass alle Geräte aus einer oder aus wenigen Apps gesteuert werden können. Dass sich das im Moment bereits durchgesetzt hat, sehe ich nicht.“
Die Haushaltsgeräte sind dabei aktuell noch gar nicht das Hauptproblem beim Einstieg ins vernetzte Wohnen. Laut einer gfu-Umfrage wollen nur 16 Prozent Informationen vom Kühlschrank über vorhandene Lebensmittel bekommen. Und nur 14 Prozent wollen ihre Waschmaschine per App steuern. Aber für 29 Prozent sind Alarmsensoren wichtig, die bei geöffneten Türen, vor Bewegungen oder Rauch warnen. Je 20 Prozent wollen Heizung, Jalousien oder Garagentore steuern.
In diesem Bereich der einfachen Nachrüstlösungen ist Devolo unterwegs. Die Bewegungsmelder, Nässesensoren, Türkontakte oder Rauchmelder vernetzen sich unter anderem über den offenen Funkstandard Z-Wave mit der Steuerzentrale. Der Vorteil: Es existieren bereits viele Geräte, die mit Devolos Steuerzentrale arbeiten. Die Produkte funktionieren wechselseitig aber auch mit Steuerzentralen anderer Hersteller, die auf Z-Wave setzen. Für Georg Herrmann von Devolo ist der offene Standard ein klarer Vorteil: „Die Leute wollen ja nicht fünf Apps aufmachen.“
Beim Fritzbox-Hersteller AVM nutzt man Vernetzungstechnik, die viele bereits zu Hause für ihr Telefon benutzen: DECT. Der vorhandene Router wird zur Smarthomezentrale und sorgt dafür, dass man Thermostate oder Steckdosen über das Internet schalten kann. „Aktuell gibt es noch nicht so viele Produkte mit DECT“, räumt Jan Larrink von AVM ein. Doch die Anzahl wachse ständig. Auch Kirk Mangels von der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche erwartet, dass die Hersteller sich bald stärker öffnen: „Früher oder später werden auch sie sich bewegen müssen, das wird der Verbraucher verlangen.“