Design im Kinderzimmer: Möbel-Klassiker in Klein
Berlin (dpa/tmn) - Designer-Klamotten, -Schuhe und -Möbel: Eltern statten ihre Kinder mehr und mehr mit dem aus, was auch sie sich kaufen. Die Möbelbranche lässt sich darauf ein und bietet alte Design-Klassiker im Mini-Format an.
Doch kann man damit auch spielen?
Eine lebensgroße Barbie an die Wand gemalt, ein Bett als Burg und ein Stuhl mit Froschgesicht: Moderne Kinderzimmer sind bunt, schrill und ein Abenteuer. Designer haben nach und nach auch das einstige Chaos-Zimmer als kreativen Tummelplatz für sich entdeckt und mit neuen Ideen aufgepeppt. Die Möbel wurden zum Spielzeug, und auf Spielzeug konnte man plötzlich sitzen und schlafen. Doch design-begeisterte Eltern wollten mehr und ihren Kindern genau das geben, was sie selbst haben: bewährte, robuste Designer-Stücke. Sollen sie haben, sagte sich die Branche und funktionierte die Klassiker um, verkleinerte sie und malte sie an.
„Langlebigkeit und gute Gestaltung sind Eltern auch für ihre Kinder wichtig. Aus diesem Grund werden Klassiker fürs Kinderzimmer gekauft“, sagt Vivie Thonet vom gleichnamigen Traditionsunternehmen aus Frankenberg. Dieses legte daher seinen berühmten Kaffeehausstuhl gut 150 Jahre nach dessen Entstehung neu als Sonderedition für Kinder auf. Der kleine „14 K“ hat das typische Rohrgeflecht und Sperrholzsitze in Hellblau, Gelb oder Rosa.
Auch den Stuhl „S 43“, der typisch etwa in Wartezimmern von Ärzten steht, gib es in der Kinderversion - und der sei eigentlich geradezu gemacht für Kinder, meint Vivie Thonet. Denn der Schwingeffekt, den das Gestell aus gebogenem Stahlrohr möglich macht, erinnere an Wippen und Schaukeln und vermittele das Gefühl, „wie auf Luft“ zu sitzen.
Neben der Befriedigung des Spieltriebs müssen die kleinen Möbel mit ihren kleinen Besitzern wachsen. Und, noch schwieriger: den Geschmack von wankelmütigen Jungs und Mädchen über viele Alters- und Interessensstufen treffen. Die nüchterne Schnörkellosigkeit vieler Design-Klassiker ist daher optimal. Das alles erfüllt etwa der Tisch Nummer Eins von Egon Eiermann, produziert bei Lampert. Die Höhe des schon 1953 entworfenen Stahlrohrgestells lässt sich verstellen. Viele Hersteller haben daher dieses Design für Kinder-Schreibtische nachgeahmt.
Schon lange machen sich Möbeldesigner Gedanken, wie sie die Bedürfnisse der Kinder befriedigen können - aber scheiterten schon mal an den Möglichkeiten der Zeit. Kinder müssen nicht still sitzen, fand etwa der 1998 gestorbene Mödeldesigner Verner Panton aus Dänemark. „Er hat ihre Bewegungen studiert, denn ein Kind bewegt sich ja pausenlos und braucht die Freiheit für seinen Spieltrieb auf einem Stuhl“, sagt seine Witwe, Marianne Panton.
Vor gut 40 Jahren kreierte Panton den ersten Kunststoffstuhl aus einem Guss. Schon damals wollte er auch eine Kinderversion herstellen. „Aber die Kosten waren zu hoch, und deshalb war es unmöglich, einen kleinen Stuhl zu machen“, sagt Panton weiter. Erst jetzt, nachdem die Produktionskosten durch technischen Fortschritt geringer wurden, ging das Unternehmen Vitra mit dem Freischwinger im Miniformat in Produktion - und stieß in eine Marktlücke.
Auch schlafen können die Kleinsten in Designerbetten. Das Bett „Spross“ von Christoffer Martens für Moormann etwa ist eine komplett metallfreie Konstruktion, dessen Teile ohne Werkzeuge wie ein Puzzle zusammengesteckt werden. Das 70 x 140 Zentimeter große Bett hat ein geringes Packmaß und macht so auch Umzüge prima mit.
Einen echten Klassiker aus den Sechziger Jahren bieten auch die Müller Möbelwerkstätten an: Die Stapelliege, die der Hamburger Designer Rolf Heide 1966 gemäß seiner Devise, Produkte auf das Wesentliche zu reduzieren, entwarf, gibt es inzwischen ebenfalls in Kindergröße und in 16 verschiedenen Farben. Hat man mehrere Modelle - etwa für kleine Übernachtungsgäste - lässt sich die Liege leicht stapeln und gibt dadurch tagsüber viel Raum zum Spielen und Toben.
Doch was etwa diese Möbelstücke mitbringen, haben nicht alle Designerstücke in den Zimmern der Erwachsenen: Funktionalität. Daher warnt die Innenarchitektin Birgit Knutzen aus Hamburg vor einem übertriebenen Aufrüsten im Reich der Kleinsten: „Ein Kinderzimmer sollte nie mit einem Showroom verwechselt werden.“