Mit Schraubenschlüssel und Kaffeetasse - Reparieren 2.0

Berlin (dpa/tmn) - Ein kaputtes Rad oder Radio selber zu reparieren, ist billiger, als eins neu zu kaufen. Und es schont die Umwelt. Zusammen mit Gleichgesinnten in einem Repair Café klappt es oft erstaunlich gut.

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Es war ein Sperrmülltag vor fünf Jahren in Amsterdam. Die Umweltjournalistin Martine Postma sah die vielen weggeworfenen Dinge. Bald darauf veranstaltete sie ihr erstes Repair Café. Im gleichen Jahr hatte die Designergruppe Platform 21 ihr Repair-Manifesto veröffentlicht. „Don't end it, mend it!“ heißt es darin. „Wirf's nicht weg, mach es heil.“ Das Konzept der Repair Cafés verbreitete sich schnell. Heute gibt es allein in Deutschland über 140 davon.

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„Die Idee, dass Laien und Profis gemeinsam reparieren, gibt es schon länger“, sagt Tom Hansing von der Stiftungsgemeinschaft Anstiftung in München. Unter ihrem Dach wurde das Konzept der Repair Cafés hierzulande verbreitet. „Ob es Reparaturtreff, Elektronik Hospital oder Reparierbar heißt - in Deutschland ist das Reparieren gelebte Praxis.“

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Zu einem ersten Vernetzungstreffen kamen Reparaturinitiativen aus ganz Deutschland kürzlich im Deutschen Museum in München zusammen. Gastgeber war dessen Generaldirektor Wolfgang Heckl, Autor des Buch „Die Kultur der Reparatur“. Darin beschreibt er Reparaturinitiativen als Teil einer Bewegung, die ein neues Denken über die endlichen Ressourcen der Erde und den Umgang damit anstößt. Reparieren ist für Heckl Protest ein Aufruf, sich über neue Recyclingtechnologien Gedanken zu machen. Gleichzeitig ist es eine „neue Gemeinschaftsform“, sagt Tom Hansing. „Unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund treffen sich zu einer neuen Form der Nachbarschaftshilfe.“

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Gute Erfahrungen mit dieser gemeinsamen Arbeit hat das Repair Café der Klimawerkstatt Spandau in Berlin gemacht, sagt deren Leiterin Corinna Vosse: „Wir haben hier einen Gruppentisch, wo die Leute die Geräte motiviert in Augenschein nehmen. Anfangs ist die Hemmschwelle noch groß, ein Gerät aufzumachen.“ Dann stelle sich oft heraus, dass sich nur ein Kontakt gelöst hat oder eine herausgesprungene Mechanik wieder an ihren Platz geschoben muss.

Beim Konsum ist eine wahnsinnige Schnelllebigkeit entstanden“, sagt Vosse. Ihrer Vorstellung nach sollten Verbraucher die Verkäufer von Gegenständen nerven, die man nicht aufschrauben kann oder deren Akku nicht austauschbar ist. „Was du nicht aufschrauben kannst, besitzt du nicht“, sagt Tom Hansing. Notebooks, Handys und Tablets gehören besonders häufig zu dieser Kategorie. Auf sie hat sich die Internet-Plattform ifixit.com spezialisiert. Hier verraten Reparateure Tricks, wie man trotz Spezialschrauben ins Innere vordringen und beispielsweise Akkus austauschen kann.

Grundsätzlich gilt, dass das Reparieren immer kostenlos ist. Spenden aber sind möglich. Schließlich sind eine gute Atmosphäre und ein paar Sitzmöglichkeiten wichtig. „Man soll auch einen Kaffee trinken und schöne gemeinsame Zeit haben können“, sagt Tom Hansing.

Literatur:

Wolfgang Heckl: Die Kultur der Reparatur. Hanser Verlag, 208 S., 17,90 Euro, ISBN 978-3-4464-3678-7