Richtiges Lüften gegen dicke Luft
Berlin (dpa/tmn) - In vielen Wohnungen herrscht dicke Luft. Aus Sorge vor zu hohen Heizkosten bleiben Fenster in den kalten Monaten geschlossen. Mit fatalen Folgen: Denn falsches Lüften gefährdet Wohlbefinden, Gesundheit - und fördert Schimmelpilze.
In Neu- und Altbauten werden immer bessere Fenster eingebaut, um Heizenergie zu sparen. Doch die dichteren Elemente verursachen ein neues Problem: Die früher unkontrollierte und mit Energieverlusten verbundene Lüftung durch Fugen und Ritzen fehlt. Wenn dann nicht ausreichend gelüftet wird, drohen schlechte, ungesunde Raumluft und feuchte Wände. Auch Schimmelpilz bildet sich schnell.
„Gutes Lüften in der Wohnung ist unverzichtbar“, sagt Hans Ulrich-Raithel vom Umweltinstitut in München. Denn schlechte Lüftung in geschlossenen Räumen führe zu Kohlendioxid-Belastungen. Denn die Mensch und seine Haustiere atmen und geben das Kohlendioxid über die Atmung ab. Zu viel davon in der Raumluft kann laut Ulrich-Raithel das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Aber auch Schadstoffe, die den Raum nicht verlassen können, sind gesundheitsgefährdend. Dazu zählen die Inhaltsstoffe von Zigarettenrauch wie auch Gifte aus Klebstoffen, Lösemitteln und Weichmachern in Baustoffen, Farben, Lacken und Möbeln. So mache dicke Luft in der Wohnung auf Dauer krank, sagt Ulrich-Raithel.
Mangelhaftes Lüften fördert die Schimmelpilzbildung. „Denn in Wohnungen mit neuen, dichten Fenstern und unverändertem Lüftungsverhalten wird die beim Duschen, Kochen und Waschen entstehende Luftfeuchtigkeit aus Wohnräumen, Küchen und Bädern nicht abgeführt“, sagt Dirk Petersen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dies führe zu einer Erhöhung der relativen Luftfeuchte.
Schimmelpilz vorzubeugen, ist den Experten zufolge besser als ihn später zu entfernen. Doch wie viel Lüften reicht aus, und was ist zu viel? Vom Dauerlüften bei gekippten Fenstern rät Ulrich-Raithel ab. Denn beim Kippen der Fenster kühlten in der kalten Jahreszeit die Räume viel zu sehr aus und die Heizung bräuchte länger, um das Haus wieder auf angenehme Temperaturen zu bringen.
Stattdessen sollte man stoßweise Lüften. „Besonders wirksam ist das Querlüften über gegenüberliegende Fenster und Türen in verschiedenen Räumen“, sagt Ulrich-Raithel. Dafür sollten die Fenster am besten für fünf bis zehn Minuten geöffnet werden. Währenddessen sollte die Heizung über den Thermostat abgestellt werden.
Die Häufigkeit des Stoß- und Querlüftens sei auch abhängig von der entstehenden Feuchtigkeit und dem Verbrauch der Raumluft durch die anwesenden Menschen, erklärt Petersen. Berufstätige, die tagsüber nicht Zuhause sind, sollten etwa morgens nach dem Aufstehen und Duschen und abends vor dem Zubettgehen lüften.
Komfortabler und zuverlässiger als das Lüften von Hand seien Lüftungssysteme, sagt Henning Discher von der Deutschen Energie-Agentur in Berlin. Bei solchen Anlagen würden Ventilatoren die Luft aus den durch Gerüche und Wasserdampf besonders belasteten Räumen wie Küche, Bad und Toiletten ziehen. Neue Außenluft ströme über Durchlässe in Außenbauteilen von Wohn- und Schlafräumen in der Gebäudehülle nach.
Eine Alternative sind Fenster mit automatisierten Öffnungen, sagt Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade in Frankfurt. Bedarfsgesteuert öffnen sich Fenster und Fenstertüren und lassen Luft ins Haus. Mechanische Öffner von Fenstern können auch nachgerüstet werden. Die dezentralen Fensterlüfter mit entsprechender Steuerung und Wärmerückgewinnung werden über, unter oder seitlich am Fenster angebracht. „Dabei wird die verbrauchte, warme Raumluft an den Zuleitungen für die Frischluft vorbeigeführt und diese dadurch angenehm temperiert“, sagt Tschorn. Manche Fenstermodelle haben so eine dezentrale Variante auch schon inklusive.