Studie zu Mietnomaden: Vermieter oft leichtgläubig
Berlin (dpa) - Mietnomaden erregten jahrelang die Gemüter: Mieter, die nicht zahlen und die Wohnung verkommen lassen. Von Zigtausenden Fällen war die Rede. Die Zahl ist wohl weit geringer, aber die erste umfassende Studie zeigt: Viele Vermieter sind zu leichtgläubig.
Das Gutachten für die Bundesregierung spricht eine klare Sprache. Bei zwei Dritteln der analysierten Fälle handelte es sich um „Amateur-Vermieter“, wie es die Forscher Markus Artz und Florian Jacoby von der Forschungsstelle für Immobilienrecht der Universität Bielefeld darstellen. Sie forderten meist keine Schufa-Auskunft, Informationen zum vorherigen Mietverhältnis oder einen Nachweis über feste Einkünfte. Nach der Unterzeichnung des Mietvertrags begann der Horror. Miete wurde oft gar nicht gezahlt - meist wegen angeblicher Schäden in der Wohnung.
Artz betont, die Studie sei keine quantitative Erhebung, sondern eine qualitative Analyse. Daher fehlen weiterhin absolute Zahlen für Deutschland, aber sie dürften maximal im vierstelligen Bereich liegen. Bei den Forschern meldeten sich im Zuge eines bundesweiten Aufrufs 1500 Opfer. Davon wurden lediglich 426 Fälle als „echter“ Mietnomaden-Betrug eingestuft. Dies ist nach der Definition von Artz und Jacoby der Fall, wenn höchstens drei Monatsmieten gezahlt wurden.
Bomba betont, die Studie sei wichtig für eine Versachlichung der Debatte. So kursierten Zahlen von 15 000 Fällen, Schwarz-Gelb verankerte den Kampf gegen die Mietnomaden gar im Koalitionsvertrag. „Zwar ist die Zahl der Fälle überschaubar, aber wenn ein Jahr lang die Mietzahlungen ausfallen, ist das eine finanzielle Katastrophe“, betont der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Sebastian Körber. Denn auch wenn Vermieter im Schnitt 1,1 Monate nach Entstehen eines Kündigungsgrunds die Reißleine ziehen, dauert es bis zur Räumung und Neuvermietung oft mehr als ein Jahr. Der Gesamtschaden beträgt meist zwischen 10 000 bis 20 000 Euro.
Dreieinhalb Monate nach Kündigung wird im Schnitt die Räumungsklage erhoben - die Verzögerungen entstehen oft, weil der Mieter versichert, er ziehe aus und es dann doch nicht tut. Die Räumungsprozesse dauerten dann weitere 5,4 Monate im Schnitt. Nach dem Urteil dauerte es dann oft noch mal knapp drei Monate bis zur Räumung. Und dies nicht, weil die Gerichtsvollzieher überlastet sind, sondern weil der Vermieter zögert, den Vorschuss von weit über 1000 Euro für die Möbelpacker und die Einlagerung der Möbel zu bezahlen.
Das Problem mit der abwartenden Haltung der Vermieter lässt Artz und Jacoby daran zweifeln, ob mit einer Verschärfung des Mietrechts die Räumungen zu beschleunigen sind. Trotz der wenigen Fälle will die Bundesregierung eine „Lex Mietnomade“ schaffen. Die Forscher betonen, schon mit mehr Kontrolle durch die Vermieter vor Unterzeichnung des Mietvertrags sei ein Großteil der Probleme zu beheben.
Nach ersten diskutierten Eckpunkten für eine Mietrechtsreform soll der Vermieter bereits die Reißleine ziehen können, wenn die Kaution nicht oder verspätet gezahlt wird - und nicht erst nach mehreren fehlenden Monatsmieten. Und die sogenannte Berliner Räumung wird bundesweit angestrebt. Dabei muss der Vermieter nicht einen Gerichtsvollzieher für tausende Euro damit beauftragen, das in der Wohnung verbliebene Mobiliar abzutransportieren und einzulagern. Sondern er kann die Möbel selbst in seine Obhut nehmen und verkaufen.
Der Mieterbund kritisiert die diskutierten Punkte scharf: Wegen einiger Betrüger, die in krimineller Absicht eine Wohnung anmieten, dürfe man nicht für alle 23 Millionen Mieter die Regeln verschärfen.