Lärm, Schimmel, Heizungsdefekt Wohnungsmängel? So klappt die Mietminderung

Berlin · Wer seine Mietwohnung aufgrund von Mängeln nicht nutzen kann wie vorgesehen, kann unter Umständen die Miete kürzen. Was simpel klingt, ist in der Praxis aber nicht immer ganz trivial.

Ein Gerüst versperrt Ihnen die Sicht aus Ihrer Wohnung? Dann kann das eine Mietminderung rechtfertigen.

Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Der Aufzug ist defekt, die Heizung fällt bei Minusgraden aus, die Fenster sind undicht - ist die Wohnung nicht mehr vertragsgemäß zu nutzen, dürfen Mieter die Miete mindern. Von diesem Recht sollten sie durchaus Gebrauch machen. Dabei sind aber wichtige Regeln zu beachten, um nicht am Ende eine fristlose Kündigung vom Vermieter zu riskieren. Hier kommen die wichtigsten Fragen und ihre Antworten zum Thema:

Wann ist eine Mietminderung gerechtfertigt?

„Der Mieter darf die Miete mindern, wenn ein gravierender Mangel an der Wohnung vorliegt“, sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. „Der vertragsgemäße Gebrauch muss erheblich eingeschränkt sein.“

Was sind gravierende Mängel?

Der tropfende Wasserhahn gehört nicht dazu. Es müssen schon Dinge sein, die beim Gebrauch der Wohnung stark ins Gewicht fallen. „Ein Heizungsausfall im Winter, ein Wasserschaden, Schimmel, defekte Sanitäranlagen, Lärm im Mietshaus oder auch Baulärm im Gebäude sind anerkannte Gründe für eine Mietminderung“, sagt Storm.

Muss der Vermieter die Mängel verschuldet haben?

„Es gibt kein Verschuldungsprinzip“, sagt Rechtsanwältin Beate Heilmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Auch wenn der Vermieter den Mangel nicht verursacht hat und ihn auch nicht beeinflussen kann, ist er für die Beseitigung verantwortlich.“ Das gelte zum Beispiel bei Lärm im Haus, etwa durch laute Partys oder Streit in der Nachbarschaft. Hier müsse der Vermieter eingreifen und den Mangel abstellen. Sonst können betroffene Mieter ihre Miete mindern.

Wie geht der Mieter vor, wenn er wegen eines Wohnungsmangels die Miete mindern möchte?

„Der Mieter muss den Mangel sofort dem Vermieter melden, sobald er ihn entdeckt hat“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Und er sollte den Vermieter zur Beseitigung des Mangels auffordern.

„Reagiert der Vermieter nicht in einer angemessenen Frist, darf der Mieter seine monatliche Mietzahlung reduzieren“, so Rolf Bosse. Als Berechnungsgrundlage für eine Mietminderung wird laut Bundesgerichtshof (BGH) die Bruttomiete beziehungsweise die Warmmiete herangezogen. „Die Miete kann während des Zeitraumes vom Erkennen des Schadens bis zu seiner Beseitigung gekürzt werden.“

Muss der Mieter die Mietminderung ankündigen?

„Nein, er darf die Miete einfach mindern, ohne den Vermieter darüber zu informieren“, sagt Beate Heilmann. Sie empfiehlt aber, dem Vermieter beim Anzeigen des Mangels sicherheitshalber mitzuteilen, dass eine Mietminderung vorgenommen wird und wie hoch diese ausfällt.

Bei Unsicherheit kann es helfen, die vereinbarte monatliche Miete vorerst weiterzuzahlen - aber ausdrücklich unter Vorbehalt der Mietminderung. „So lässt sich der Mieter Korrekturmöglichkeiten offen, falls er die Mietminderung zu hoch angesetzt hatte und der Vermieter dagegen rechtlich vorgeht“, sagt Heilmann.

Sollte der Mieter gleich nach der Mitteilung an den Vermieter den Dauerauftrag oder die Banküberweisung zur Mietzahlung ändern?

Ja, das sollte er umgehend tun - und sei es nur, um die Zahlung in der Betreffzeile als vorbehaltlich zu deklarieren. „Läuft die volle Mietzahlung weiter, obwohl der Mangel noch vorliegt, kann der Mieter die vorbehaltlos gezahlte Miete nicht zurückfordern“, sagt Beate Heilmann. Erklärt der Mieter bei der Anzeige des Mangels allerdings, dass er die volle Miete nur unter Vorbehalt zahlt, kann er die Miete auch rückwirkend kürzen.

Um welche Beträge kann der Mieter die Miete reduzieren?

Die Höhe der Mietminderung richtet sich grundsätzlich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs. „Je stärker das Wohnen eingeschränkt ist, desto höher darf die Miete gemindert werden“, sagt Inka Marie Storm.

Es gibt diverse Urteile, an denen sich Mieter orientieren können. Der Deutsche Mieterbund hat aus einigen von ihnen grobe Anhaltspunkte herausgefiltert. Demnach können zum Beispiel 100 Prozent weniger Miete drin sein, falls Schimmelbefall die Gesundheit erheblich beeinträchtigt. Heizungsausfall kann um die 70 Prozent Reduzierung rechtfertigen. Für ein Gerüst an der Fassade billigte ein Gericht zehn Prozent Abzug zu.

Auch eine Beratung, zum Beispiel bei einem Mieterverein, ist hilfreich, wenn es um die Einschätzung der Beeinträchtigung geht. „Oft setzen Mieter den Wert zu hoch an“, sagt Rolf Bosse. „Dann droht ein Rechtsstreit mit dem Vermieter.“ Und ganz wichtig: Der Mieter darf die Miete nur in dem Zeitraum kürzen, in dem der Mangel besteht. „Fällt zum Beispiel, die Heizung für vier Tage aus, darf die Miete auch nur für diese vier Tage reduziert werden“, so Inka-Marie Storm.

Was passiert, wenn der Mieter die Mietminderung zu hoch ansetzt?

Ist die Mietminderung zu hoch, kann es passieren, dass sich ungerechtfertigt einbehaltene Beträge auf mehr als zwei Monatsmieten summieren. „Bei Mietrückständen von mehr als zwei Monatsmieten oder wiederholten Rückständen über mehrere Monate droht dem Mieter die fristlose Kündigung“, warnt Inka-Marie Storm.

Mieter sollten Schreiben ihres Vermieters deshalb immer ernst nehmen, wenn er die Nachzahlung der unberechtigt einbehaltenen Miete fordert. „Ist eine Kündigung erst einmal wirksam, gilt sie auch. Dann verliert der Mieter seine Wohnung“, so Inka-Marie Storm.

Kann der Vermieter die Mietminderung ablehnen?

„Da der Mieter die Mietminderung nicht beantragen muss, sondern von selbst die Miete kürzen darf, kann der Vermieter die Mietminderung nicht ablehnen“, so Rolf Bosse. Aber beide Parteien können natürlich darüber streiten, ob die Mietminderung generell und in der Höhe gerechtfertigt ist. „Dann gilt es für den Mieter, unbedingt zu vermeiden, dass die Mietrückstände kündigungsrelevant werden“, rät Bosse. „Trotz dieses Risikos sollten Mieter aber nicht auf ihr grundsätzliches Recht zur Mietminderung bei Wohnungsmängeln verzichten.“

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(dpa)