Pflanzen vorziehen So klappt's mit der Aussaat auf der Fensterbank
Tegernbach/Füchtorf · Falsches Gießen, schlechte Erde, zu viel Wärme: Jungpflanzen sind empfindlicher als gedacht. Sieben Punkte, die man bei der Anzucht in Wohnräumen beachten muss.
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So klappt's mit der Aussaat auf der Fensterbank
Die Tage werden wieder länger und so wächst die Vorfreude auf den nahenden Frühling. Es ist die Zeit der Aussaat. Auf keinen Fall will man zu spät sein mit der Pflanzenkinderstube. Da nicht jeder ein Gewächshaus zu Hause hat, nutzen viele die Fensterbank zur Anzucht.
In diesen Wochen sprießen in den sozialen Medien die Ratschläge, welche Pflanzen zuerst in die Erde müssen. Unruhe macht sich breit, damit man nicht zu spät beginnt. Doch bevor man die Tipps umsetzt, sollte man die Anforderungen der keimenden Samen an den Standort betrachten.
1. Spezielle Keimbedingungen
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass die kleinen Körner am besten keimen, wenn sie warm und feucht gesät werden. Das trifft aber nicht immer zu. „Man unterscheidet zum einen die sogenannten Kühlkeimer und zum anderen die Licht- und Dunkelkeimer“, sagt Annette Holländer, ausgebildete Samengärtnerin und Buchautorin.
- Kühlkeimer (oder auch Frostkeimer)
Die Samen von beispielsweise Pfingstrosen, Alpenveilchen oder Bärlauch brauchen einen Kältereiz, damit die Entwicklung in Gang kommt. Dazu werden sie mit etwas feuchtem Quarzsand gemischt und in Tüten gefüllt. Diese legt man in das Gemüsefach im Kühlschrank oder direkt in den Gefrierschrank.
Nach ca. vier bis sechs Wochen ist die Keimhemmung aufgehoben. Wer den Platz hat, kann die Samen auch im Spätherbst aussäen und die Gefäße über den Winter in das Frühbeet stellen.
- Lichtkeimer
Pflanzen wie etwa Basilikum brauchen Licht, damit die Keimhemmung abgebaut wird. Sie dürfen keinesfalls mit Substrat abgedeckt werden.
- Dunkelkeimer
Im Gegensatz dazu müssen Pflanzen wie Kürbis und Schnittlauch entsprechend mit Substrat abgedunkelt werden.
2. Der richtige Zeitpunkt
„Der Kardinalfehler bei der Aussaat besteht darin, dass man zu früh mit der Aussaat anfängt“, sagt Gärtnermeisterin Hanna Strotmeier. Natürlich möchte man loslegen, und die Temperaturen in den Wohnräumen fördern die Keimung. Für Tomaten, Aubergine und Co. dauert es allerdings noch mindestens zwei Monate, bis sie ins Freie können.
Sie wachsen, brauchen zusehends mehr Platz. Die Entwicklung der Pflanzen in der Wärme führt zu langen, weichen Trieben, Schädlingsbefall und mitunter sogar zum Stocken des Wachstums.
Daher rät die Gärtnermeisterin mit der Aussaat von Tomaten, Gurken und Kürbissen noch ein wenig zu warten. „Ideal ist für diese Gemüsearten eine Aussaat in der ersten Märzhälfte, weil man die Pflanzen vier Wochen später pikieren kann“, sagt Strotmeier.
Aber es gibt auch Ausnahmen: Bei Paprika und Chilis macht eine frühe Aussaat im Laufe des Februars ebenso Sinn, wie bei Sellerie und Gemüsezwiebeln. Die Keimung dauert trotz Wärme lang und die Pflanzen entwickeln sich langsam.
3. Wichtige Vorbereitungen
Wenn sich dennoch Ungeduld breit macht, gibt es vor der eigentlichen Aussaat wichtige Vorbereitungen zu treffen. Hat man die Arten und Sorten ausgewählt, heißt es die Samentüten nach der Art der Keimung zu sortieren.
Damit die Anzucht der Pflanzen gelingt, ist ein Anzuchtsubstrat zu empfehlen. Man sollte keine gebrauchte Erde verwenden, denn darin können sich bereits Trauermücken vermehrt haben. „Sie schädigen die Wurzeln der Jungpflanzen mitunter stark“, sagt die Samengärtnerin Annette Holländer.
Die Vorteile von Anzuchterde? Eine gute Durchlüftung, ein geringer Nährstoffgehalt und eine gute Wasserspeicherfähigkeit. Die Töpfe, Schalen oder alternativen Anzuchtgefäße müssen sauber geschrubbt und anschließend desinfiziert werden. So vermeidet man die Übertragung von Schimmelpilzen und anderen Krankheitserregern.
4. Die Temperaturführung
Während der Keimung bevorzugen die meisten Arten Temperaturen zwischen 20 und 24 Grad Celsius. Das ist auf dem Fensterbrett meist gegeben. Wenn nicht, verlängert sich Hanna Strotmeier zufolge die Keimdauer. Das ist zunächst kein Problem. Aber werden die Saatschalen zu nass gehalten, entwickeln sich Schimmelpilze.
Zeigen sich die ersten grünen Spitzen, sollte die Temperatur gedrosselt und die Lichtintensität erhöht werden. „Ein Südfenster ist also keine gute Idee“, so die Gärtnermeisterin. Die hohen Temperaturen führen zu einem Schock für die zarten Pflänzchen. Besser ist ein Ost- oder Westfenster für die Belichtung.
Ansonsten sollte nach der Keimung die Umgebungstemperatur grundsätzlich gesenkt werden. In der Wohnung kommen das unbeheizte Schlafzimmer oder ein Flur infrage.
5. Probleme vermeiden
Mitunter fallen die gut gekeimten Jungpflanzen nach wenigen Tagen um und sterben ab. Annette Holländer erklärt: „Meist faulen die Sämlinge von der Wurzel ab.“ Verantwortlich dafür sind Pilze, die die sogenannte Umfallkrankheit verursachen. Sparsames Gießen lautet die Devise gegen dieses Problem.
6. Die Sache mit dem Platz
Wer selbst aussät, muss frühzeitig bedenken, dass die Pflanzen von Woche zu Woche mehr Platz brauchen. Wenn sich etwa das zweite oder dritte Blattpaar am Haupttrieb zeigt, wird es Zeit die Pflanzen zu vereinzeln. Der Fachmann nennt das Pikieren. Dabei werden die Sämlinge einzeln in Töpfe mit einem hochwertigen Pflanzsubstrat umgesetzt.
Grundsätzlich sollten die Jungpflanzen jetzt nicht zu feucht gehalten werden. Hanna Strotmeier erläutert, dass weniger Wasser die Pflanzen gedrungener wachsen lässt. Das Pikieren entfällt laut Annette Holländer bei Kürbissen, Gurken und Sonnenblumen, bei denen man die Samen leicht einzeln oder in einer kleinen Gruppe aussät.
7. Der Übergang ins Freie
Zum Abhärten der Pflanzen empfiehlt sich in den letzten Wochen ein heller und kühler Platz. Ideal ist beispielsweise ein Frühbeet mit einer Abdeckung, die vor den Nachtfrösten schützt, die meist in der ersten Maihälfte auftreten. Tagsüber können die Pflanzen bereits ungeschützt im Freien stehen.
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