Akelei und Zinnie: Blumen aus Großmutters Garten
Berlin (dpa/tmn) - Oft holt schon ein Duft lang vergessene, glückliche Zeiten wieder ins Gedächtnis, etwa die Momente in Omas Garten. Viele Blumen, die in den vergangenen Jahrzehnten gerne in Gärten gesetzt wurden, erleben derzeit ein Comeback in den Beeten.
Die farbigen Akeleien (Aquilegia vulgaris) tanzen im Frühsommer durch die Beete. Nelken (Dianthus) verbreiten in der frischen Luft ihren angenehmen süßlichen Duft, und auch die himbeerroten Spornblumen (Centranthus ruber) erobern mit ihren lockeren Blütenwolken die Blumenrabatte. Das alles sind Blumen, die viele schon seit der Kindheit kennen. Lange hat man sie nur selten gesehen - jetzt ist aber das, was früher in Omas Garten schon gerne gepflanzt wurde, gefragter denn je.
„Die Gärten verändern sich“, sagt Anja Birne, Gartenbauingenieurin und Autorin eines Buches über alte Stauden, die neu entdeckt werden. „Pflanzen sind im Garten nicht mehr nur ein Gegenstand der Architektur, sondern geben dem Garten den Charakter und beleben ihn.“ Das Gärtnern als Hobby hat in den vergangenen Jahren ebenso mehr Tiefe erhalten - statt nur einfach etwas anzupflanzen, setzen sich Hobbygärtner mit Gartenthemen auseinander, besuchen Schaugärten und entdecken dabei Pflanzen, die sie aus der Kindheit kennen und damals liebten.
„Gartenblumen kommen immer mal wieder in Mode“, sagt Siegfried Stein, Gartenbauingenieur und Buchautor. „Diese Bauerngartenblumen sind besonders pflegeleicht und kommen daher gut bei den Hobbygärtnern an.“ Ein Pluspunkt ist, dass sie sich leicht vermehren. Die Spornblume etwa produziert noch, während sie neue Blüten bildet, erste Samen, die sich in Fugen und Ritzen setzen, keimen und für Nachwuchs sorgen.
Und lässt man etwa die verwelkten Blütenstände des rosa blühenden Fingerhuts (Digitalis purpurea) stehen, bilden sich Samenkapseln, die ihre feinen Samen verstreuen und neue Fingerhutpflanzen entstehen lassen. Allerdings blühen sie erst im übernächsten Jahr, denn der Fingerhut zählt zu den zweijährigen Gartenblumen. Schneidet man einen Teil der Blüten direkt nach der Welke ab, wird die filzige Blattrosette im folgenden Jahr nochmals blühen.
Viele andere Bauerngartenblumen lassen sich leicht durch Teilung vermehren, etwa die Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia), Taglilien (Hemerocallis) und Herbstanemonen (Anemone japonica). „Gleichzeitig handelt es sich um Pflanzen, die üppig blühen, und aus denen man selber einen Blumenstrauß pflücken kann“, sagt Birne. Zugleich wachsen die Pflanzen selbst an schwierigen Standorten gut. „Die Pfirsichblättrige Glockenblume kommt mit Trockenheit und Schatten klar“, nennt Birne ein Beispiel. Dahlien entwickeln sich auch ohne Dünger zu zuverlässigen und prächtigen Blütenpflanzen - selbst im Winter sind sie leicht zu handhaben, denn man gräbt die Knollen im Herbst aus und überwintert sie im kühlen Keller oder der frostfreien Garage.
Solche Blumen, die hierzulande schon lange geschätzt werden, sind inzwischen sogar Objekt der Begierde für Sammler geworden. „So sind in den letzten Jahren zum Beispiel Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) in Mode gekommen“, sagt Birne. Die Sammler entdecken nicht nur neue Arten, sondern eben auch Formen, die aus der Mode gekommen sind, vermehren sie und bieten sie an. Es gebe unzählige Sorten im Handel, was vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen sei.
Oftmals wird man im regulären Pflanzenhandel aber nicht fündig: Wer etwa auf der Suche nach Sommerblumen wie Levkojen (Matthiola incana), Zinnien (Zinnia) und Duftwicken (Lathyrus odoratus) ist, findet nur selten vorgezogene Pflanzen. Da lohnt sich die Nachfrage in Sämereien, wo es auch Sorten mit ungewöhnlichen Farben eher gibt.
Geschätzt werden die Gartenblumen aus Großmutters Garten auch wegen ihres intensiven Duftes: „Die alten Sorten der Landnelken (Dianthus caryophyllus) beispielsweise bekommen in den letzten Jahren größere Bedeutung, weil sie einen hervorragenden Duft haben“, sagt Stein. Er empfiehlt auch die Levkoje (Matthiola incana), eine einjährige Sommerblume, wegen ihres Duftes.
„Die Nachtviole (Hesperis matronalis) hat einen betörenden Duft, der sich vor allem in den Abendstunden entfaltet“, sagt Birne. Die Pflanze liebt sonnige bis halbschattige Plätze und passt gut zu Rosen, Akelei und Frauenmantel. Weitere duftende Schönheiten, die man aus Bauerngärten kennt, sind Duftwicken (Lathyrus odoratus), Goldlack (Cheiranthus cheirii), Ziertabak (Nicotiana alata) und die mehrjährige Flammenblume (Phlox panniculata).