Bloß nicht ins Klo: Medikamente dürfen in den Hausmüll
Berlin (dpa/tmn) - Fast jeder Siebte in Deutschland kippt seine alten Tabletten gerne mal ins Klo. Einige Fische bekommen die Auswirkungen bereits zu spüren. Und auch für Menschen könnte dies gefährlich werden.
Doch wie entsorgt man alte Medikamente richtig?
Medikamentenspuren im Grund- und Trinkwasser können angesichts steigenden Arzneimittelkonsums zum wachsenden Umweltrisiko werden. „Wir brauchen deshalb dringend ein einheitliches und verbindliches Sammelsystem für Altmedikamente“, forderte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Berlin. Eine entsprechende EU-Richtlinie von 2004 sei in Deutschland immer noch nicht umgesetzt worden. Daher nahmen 2011 laut DUH nur wenige tausend der über 20 000 Apotheken bundesweit überzählige Medikamente zurück. „Wir wissen seit Jahren, dass es Effekte bei Tieren gibt, und sollten nicht abwarten, bis auch beim Menschen negative Wirkungen festgestellt werden“, sagte Resch. Hier sei die Pharmaindustrie in der Rücknahmepflicht.
Vor allem bestimmte Antibiotika, aber auch hormonell wirksame Substanzen aus Verhütungsmitteln oder Schmerzmittel wie Diclofenac könnten in Zukunft Probleme bereiten, hieß es. Schließlich werde die Bevölkerung älter und nehme insgesamt mehr Medikamente. Zwar geraten Medikamentenreste auch durch die Ausscheidungen ins Klär- und Grundwasser, aber ein relevanter Teil eben auch durch falsche Entsorgung. Einer Studie von 2008 zufolge kippt jeder siebte Bürger seine ungenutzten Tabletten zumindest gelegentlich in die Toilette, fast jeder zweite tut dies mit flüssigen Medikamenten.
Jüngst war im Fachjournal „Science“ eine Studie schwedischer Forscher veröffentlicht worden, wonach Barsche unter dem Einfluss von Psychopharmaka-Spuren im Wasser ihr Verhalten deutlich änderten: Die sonst scheuen, vorsichtigen Tiere wurden mutiger, verließen ihr sicheres Versteck und veränderten ihr Sozialverhalten. Ältere Studien zeigten, dass Diclofenac Zellveränderungen bei Regenbogenforellen sowie sinkende Fruchtbarkeit bei Fischen herbeiführen kann.
Verbraucher geben abgelaufene Medikamente daher am besten in der Apotheke ab. Die Apotheken sind allerdings nicht verpflichtet, die Arzneimittel zurückzunehmen. „Wer die alte Arznei in der Apotheke nicht los wird, kann sie auch über die Restmülltonne entsorgen, so gelangt nichts in die Umwelt“, erklärt Martin Ittershagen vom Umweltbundesamt in Dessau. Denn der Müll werde rückstandslos verbrannt.
Allerdings gibt es dem UBA zufolge einige wenige Regionen, in denen der Restmüll aus der grauen Tonne nicht direkt in eine Verbrennungsanlage, sondern in eine Vorbehandlungsanlage gelangt. Auf diesem Weg könnte ein ganz geringer Teil der Medikamente auf eine Mülldeponie und über deren Sickerwasser dann in die Umwelt geraten. Wer sich unsicher ist, wie in seiner Kommune der Müll behandelt wird, erkundigt sich daher besser bei der zuständigen Behörde beziehungsweise beim Entsorgungsbetrieb. Eine weitere Möglichkeit ist, alte Medikamente vorsichtshalber direkt bei einer kommunalen Schadstoffsammelstelle abzugeben.
Damit die Medikamente nicht in falsche Hände geraten, sollte man sie sicher verpacken - zum Beispiel in Zeitungspapier. Aber nicht nur einzelne Pillen, sondern auch Flaschen gehören laut Ittershagen in den Hausmüll. Auf keinen Fall dürften die Reste eines Hustensafts oder Tabletten in der Toilette oder dem Abfluss hinunter gespült werden.