Die vergessene Frucht: Erntezeit der Mispel ist im Herbst

Essen (dpa/tmn) - Im Mittelalter war die Mispel ein beliebtes Obst, heute ist sie bei uns fast vergessen. Dabei hat die Pflanze mehr zu bieten als nur Obst. Im Herbst verfärben sich die mattgrünen Blätter orangegelb bis rotbraun und leuchten intensiv in der Herbstsonne.

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Herkunft: „Man vermutet, dass die Mispel (Mespilus germanica) in Westasien, Griechenland, Bulgarien, dem Kaukasus, der Ukraine und in Italien ihr natürliches Verbreitungsgebiet hat“, erklärt Sonja Neumann, Geschäftsführerin der Mustergartenanlage im Grugapark in Essen. Aber schon früh wurde das Holz auch außerhalb dieser Regionen kultiviert. „Man hat die Mispeln in weiten Teilen Europas, in den USA, Neuseeland, Australien, Südamerika und Afrika angebaut.“

Im 19. und 20. Jahrhundert wurden in Europa großfruchtige, wohlschmeckende und kernlose Formen ausgelesen und angebaut. Heute findet man diese Sorten nur noch selten, weil das Interesse an den robusten und pflegeleichten Mispeln zurückgegangen ist. „Erst durch die zunehmende Begeisterung für Wildfrüchte ist die Mispel wieder bekannter geworden“, sagt Neumann.

Größe: Die Bäume werden nicht besonders groß, weshalb sie sich auch als dekorativer Hausbaum für kleine Gärten eignen. „Ein ausgewachsener Baum erreicht maximal eine Höhe von fünf Metern“, sagt Neumann. „Die Krone sieht aus, als ob man mit der Hand von oben drauf gedrückt hat“, ergänzt Wolf Schwerdtfeger, Obstbaumschuler aus Warringholz in Schleswig-Holstein. Der Baum hat daher zwar eine breite Krone, die zugleich aber ein wenig wie ein Schirm wirkt.

Blüte- und Erntezeit: „Die Blüten erscheinen etwa zu der Zeit, wenn auch die Birne blüht“, erklärt Schwerdtfeger. Das ist ab Mitte Mai der Fall. Sie haben einen Durchmesser zwischen drei und fünf Zentimetern. Die dem Apfel ähnlichen Früchte der Mispel sind nicht besonders groß und haben eine bräunliche, raue Schale. „Der Geschmack der Mispel ist ganz eigen“, sagt der Baumschuler. Viele fänden die Früchte fade und zugleich sauer, ein Belag bleibe bei ihnen auf der Zunge zurück. Diese Hobbygärtner hätten die Früchte zu früh geerntet, sagt Schwerdtfeger.

„Man muss warten, bis dunkle Flecken auf der Schale entstehen und diese anfangen, über die ganze Frucht zu wandern.“ Dafür ist meist Frost nötig. „Und wenn das Fruchtfleisch auch durch und durch braun ist, schmecken die Früchte wirklich ganz gut.“ Er isst die Mispeln roh oder verarbeitet sie zu Mus. Die Früchte sind sehr gesund, weil sie jede Menge Vitamin C enthalten.

Wer nicht so lange auf die Ernte warten will, dem rät Schwerdtfeger, die Früchte zu pflücken und in eine Steige zu legen, die im Freien steht. „Nach den ersten Frösten werden sie braun, und dann entsteht der herrliche Geschmack.“ Alternativ lässt man die Früchte bis in den Winter hinein hängen, rät Neumann - und überlässt sie den Vögeln.

Standort: „Es muss sonnig sein, damit die Früchte richtig ausreifen und sich der Wuchs gut entwickelt“, erklärt Schwerdtfeger. Die Pflanze mag einen gleichmäßig feuchten Boden, durch den aber Wasser gut ablaufen kann. Das gilt vor allem für Sämlinge. Meist werden Mispeln aber veredelt, und dabei hat der Gärtner mehr Einfluss auf die Bedürfnisse der Pflanzen. „Besonders tolerant in Hinblick auf die Bodenverhältnisse sind Mispeln, die auf Weißdorn (Crataegus) veredelt werden“, sagt der Experte. Dafür sind diese Pflanzen anfällig für die Krankheit Feuerbrand. „In Gegenden, wo das ein Thema ist, sollte man auf Veredelungen mit Vogelbeere (Sorbus) zurückgreifen.“ Diese wiederum brauchen einen guten Boden. Die Mispel ist auch selbst anfällig für den Erreger des Feuerbrands.

Pflege: „Grundsätzlich ist die Mispel ein sehr pflegeleichtes Gehölz“, sagt Gartenleiterin Neumann. Sie rät, den Boden im Bereich der Baumscheibe mit Mulch abzudecken. „Durch einen regelmäßigen Auslichtungsschnitt hält man das Astwerk in der Krone vital und sorgt für eine Erneuerung der Zweige.“ Bei einem Befall mit Spitzendürre (Monilia) kann es nach der Blüte zum Absterben von Trieben kommen. Einer Ausbreitung kann der Gärtner entgegenwirken, indem er die befallenen Äste bis ins gesunde Holz zurückschneidet.