Japan bricht Walfangsaison ab
Tokio (dpa) - Walfanggegner sind erleichtert, Japan stinksauer: Mit waghalsigen Störmanövern auf hoher See hat die streitbare Tierschutzgruppe Sea Shepherd die japanischen Walfänger zum Abbruch der Jagdsaison im Südpolarmeer gebracht.
Fischereiminister Michihiko Kano nannte am Freitag als Grund Sicherheitsbedenken. Aus Protest über die wiederholten Attacken von Sea Shepherd bestellte Tokio am selben Tag die Botschafter der Niederlande, unter dessen Flagge Sea Shepherd fährt, sowie Australiens und Neuseelands ein. Tokio forderte die drei Länder auf, die Störmanöver der Tierschützer zu unterbinden. Japan will vor den Walfanggegnern nicht einknicken: Der „wissenschaftliche Walfang“ werde fortgesetzt, zeigte sich Regierungssprecher Yukio Edano stur.
Australien und Neuseeland, aus deren Häfen die Schiffe von Sea Shepherd seit sieben Jahren in See stechen, reagierten erleichtert auf den vorzeitigen Abzug der Walfänger. „Ich bin froh, dass die Saison vorbei ist und Australien findet, dass es nie wieder eine Walfangsaison geben sollte“, sagte der australische Umweltminister Tony Burke. „Ich hoffe, dass das vorzeitige Ende des Walfangs Zeit für einen konstruktiven Dialog bietet, um die Probleme rund um den Walfang international zu lösen“, sagte Neuseelands Außenminister Murray McCully. „Unser Ziel ist es, den Walfang im Südpolarmeer total abzuschaffen.“ Die Jagdsaison dauert dort normalerweise bis März.
„Wenn Japans Fangsaison wirklich abgebrochen wird, ist das sicher auch Sea Shepherds Hartnäckigkeit zu verdanken“, sagte die Vorsitzende der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM), Petra Deimer, in einer Mitteilung der Organisation. „Mit einiger Sicherheit gibt es aber auch wirtschaftliche und politische Gründe dafür. Rechtliche nicht zu vergessen, denn Japan geht im antarktischen Schutzgebiet auf Jagd.“
Japan macht seit Ende des Zweiten Weltkrieges vor allem im Südpazifik Jagd auf Wale. Seit 1986 das internationale Walfangmoratorium in Kraft trat, betreibt Japan den Walfang nach eigener Darstellung bloß zu „wissenschaftlichen Zwecken“. Dass das Fleisch nach der „Untersuchung“ zum Konsum freigegeben wird, stellt ebenfalls keinen Verstoß gegen das Walfangmoratorium dar. Kritiker sehen in der Wissenschaft nur einen Vorwand, zumal Walforscher anderer Länder zu ähnlichen Forschungsergebnissen kommen, ohne die Meeressäuger zu töten. Die Regierung in Tokio machte den Walfang jedoch zum Exempel, um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren. Walfang wurde zu einer Frage der nationalen Identität.
Tokio argumentiert stets, es würden keine bedrohten Arten gejagt. Zudem sei der Walfang mit der Wildjagd in Europa vergleichbar. Dabei essen die meisten Japaner gar kein Walfleisch. In den Kühlhäusern sollen fast 6000 Tonnen Walfleisch ungenutzt lagern. Ohne staatliche Subventionen käme der Walfang laut Kritikern zum Erliegen. Doch solche Argumente ließen Tokio bislang kalt.
Umso hartnäckiger ging Sea Shepherd auf hoher See gegen die Japaner vor. Dabei kam es auch wiederholt zu gewaltsamen Zusammenstößen. In einem Fall hatte das Begleitschiff der Japaner das Schnellboot eines der Aktivisten gerammt und versenkt. Später fuhr der Neuseeländer mit einem Jet-Ski zu dem Walfangschiff, kletterte an Bord und verlangte Entschädigung. Er wurde stattdessen jedoch 2010 in Tokio zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Doch Sea Shepherd ließ sich nicht einschüchtern. Letztlich hatten die Tierschützer Erfolg: Japan hatte eigentlich geplant, in dieser Saison rund 900 Zwergwale und 50 Finnwale zu fangen. Am Ende sollen es nur 30 bis 100 Wale gewesen sein. Das Fabrikschiff „Nisshin Maru“ musste seine Arbeit deswegen am 10. Februar einstellen. „Hoffen wir, dass der 9. Februar 2011 als der Tag in die Geschichte eingeht, an dem der letzte Wal in antarktischen Gewässern geschlachtet wurde“, meinte der Vorsitzende der grünen Partei Australiens, Bob Brown.