Nicht für die Müllkippe: Gebrauchtes neu verwerten

Bremen (dpa) - Ob Mode, Elektronik oder Wohnungseinrichtung: Neues ist schnell wieder out. Nachhaltig ist diese Einstellung nicht. Dem wollen Bauteilbörsen, Internet-Plattformen und Umsonstläden entgegenwirken.

Sie versuchen, Gebrauchtes wiederzuverwenden.

Das Handy ist schon wieder von Vorgestern. Die Stiefel stammen aus der letzten Saison. Und den Flachbildfernseher gibt es längst mit besserer Auflösung. In atemberaubendem Tempo drängen Innovationen auf den Markt. Nie war Neugekauftes so schnell wieder out wie heute. Wer mithalten will, muss kaufen, kaufen, kaufen. Selbst die Finanzkrise konnte den ungezügelten Konsum nur kurzeitig bremsen.

Fünf Euro für ein T-Shirt, wenige Cent für eine Gurke - wir sind Schnäppchenpreise gewöhnt und werfen bedenkenlos weg, was uns nicht mehr gefällt. Doch das wird sich ändern. „Es gibt einen Umbruch“, prognostiziert Sabine Koppe vom Trend Büro in Hamburg, die ethisches Konsumverhalten in einer Studie untersucht hat. „Wegwerfen kann sich unsere Gesellschaft in Zukunft nicht mehr leisten.“

Dass es auch anders geht, beweist die Bauteilbörse im Bremer Getreidehafen schon seit vielen Jahren. Currygelbe Kloschüsseln, Blümchen-Fliesen, alte Türen und ausgemusterte Heizkörper stapeln sich in dem alten Lagerhaus. Sie stammen aus Häusern, die abgerissen oder modernisiert wurden. Was normalerweise auf dem Müll gelandet wäre, findet in der Bauteilbörse einen neuen Besitzer.

Dadurch sparen die Kunden nicht nur Geld, sondern auch Energie und Rohstoffe. „Jede Badewanne, die weiter verwendet wird, trägt zum Umweltschutz bei“, sagt die Architektin Andrea Weiß, eine von fünf Mitarbeitern. Die Bremer Bauteilbörse besteht seit 2003 und ist damit das älteste Geschäft dieser Art in Deutschland. Mittlerweile gibt es zahlreiche Nachahmer. „Die Leute konsumieren bewusster. Es wird selbstverständlicher, Gebrauchtes wiederzuverwerten“, meint Weiß.

In Umsonstläden oder auf Plattformen wie „Freecycle.de“ werden Sofas, Wäscheständer, Fahrräder oder Lampen verschenkt. Literaturfans tauschen übers Internet gelesene Romane oder decken sich in Bücherboxen - von der alten Telefonzelle in Buxtehude über den ausgedienten Kühlschrank in Bremen bis zu offenen Schränken in Bonn - mit gebrauchtem Stoff ein. Modejunkies treffen sich zu Klamottenpartys, um günstig an getragene Designerware zu kommen.

Altes gilt längst nicht mehr als oll. Denn spätestens seit Ebay ist klar, dass in staubigen Kellern wahre Schätze schlummern. Das alte Regal aus der Studentenbude von Papa wird plötzlich zum begehrten 70er-Jahre-Kultstück. „Da ist ein interessanter Zweitmarkt entstanden - mit dem netten Nebeneffekt, dass man die Umwelt schont“, sagt Trendforscherin Koppe.

Doch ein wirkliches Umdenken kann Uwe Friedrich nicht feststellen. Vor zehn Jahren rief der Berliner die Verschenkseite „Alles-und-umsonst.de“ ins Leben, auch um was gegen die wachsenden Müllberge zu tun. Sein Idealismus hat im Laufe der Zeit jedoch einen deutlichen Dämpfer bekommen: „Es gibt durchaus Menschen, die versuchen, bewusster zu leben und diese Wegwerfgesellschaft hinterfragen. Aber ein gesamtgesellschaftlicher Trend ist das sicher nicht.“

Auch der Oldenburger Nachhaltigkeitsforscher Niko Paech erklärt das Prinzip der Wiederverwertung für gescheitert. „Die Menschen geben das Geld, was sie dadurch sparen, für andere Konsumgüter aus. In einer wachsenden Wirtschaft können solche Konzepte nichts bewirken.“ Erst wenn der Ölpreis so stark steigt, dass der Welthandel zusammenbricht, wird sich seiner Ansicht nach das Konsumverhalten ändern. „Solange der Hausmeister das Licht nicht ausschaltet, wird die Party weitergefeiert.“