Ökologisch und bequem: Boom der Biokisten
Velden (dpa/tmn) - Immer mehr Biobetriebe bieten einen Bringservice für ihre Produkte an. Längst werden nicht mehr nur Kisten mit regionalem Obst und Gemüse geliefert, sondern auch Klopapier oder Kosmetika.
Ökologische Aspekte sind eins von vielen Kaufmotiven.
Ob in Bioläden, Supermärkten oder auf dem Wochenmarkt - Bio-Lebensmittel gibt es mittlerweile fast überall. Das Problem ist nur: Nicht jeder, der gerne frisch mit biologisch hergestellten Lebensmitteln kocht, hat auch die Zeit, täglich einkaufen zu gehen. Deswegen bieten immer mehr Biobetriebe einen Bringservice für ihre Produkte an.
Zwischen 300 und 400 Anbieter für Biokisten gibt es bundesweit, schätzt Günter Kugler vom Verband der bäuerlichen Gemüselieferanten „Ökokiste“. In dem haben sich 47 deutsche Biokistenlieferanten zusammengeschlossen, die laut Kugler zusammen auf etwa ein Drittel des Branchenumsatzes kommen. Der steige stetig. Das liegt auch daran, dass das Prinzip der Biokisten sehr einfach ist. Die Kunden können bei fast allen Anbietern zwischen Abonnements für verschiedene Kistenarten wählen. So gibt es beispielsweise reine Obst- oder Gemüsekisten, gemischte oder Schonkostkisten.
Bestellt wird per Post, Fax, Telefon oder Internet. Die Anlieferung kostet meist zwischen ein und drei Euro. Wer möchte, bekommt ein spezielles Kochrezept für den Kisteninhalt dazu. „Etwa 60 bis 70 Prozent unserer Kunden sind junge Familien“, sagt Jochen Saacke, Geschäftsführer der „Höhenberger Biokiste“ aus dem bayerischen Velden. Eine Schwangerschaft sei für viele Paare Anlass, die eigene Ernährung zu überdenken und auf bio umzustellen. Und wenn Obst, Gemüse und Salat dann nicht extra eingekauft werden müssen, sondern zeitsparend vor der Haustür stehen - umso besser.
Vor zehn Jahren begann die Höhenberger Lebensgemeinschaft, eine Werkstatt für Menschen mit geistiger Behinderung, Obst und Gemüse aus der eigenen Gärtnerei auf Wunsch auszuliefern. „Früher kamen unsere Kunden ausnahmslos aus der Öko-Bewegung“, sagt Saacke. „Heute haben wir ein sehr breites Publikum.“
Der ökologische Gedanke sei längst nicht mehr das einzige Argument für die Kunden, verweist Verbandssprecher Kugler auf langjährige Umfragen. Service, Bequemlichkeit und die Qualität der Produkte spielten eine genauso große Rolle. Seien die Kunden früher vorwiegend aus der Stadt gekommen, habe sich das in den letzten Jahren umgekehrt. Warum? „Auf dem Land sind die Wege zum Bioladen lang.“
Für die „Höhenberger Biokiste“ habe die Eröffnung des Onlineshops vor sieben Jahren einen „riesigen Publikumsschub“ gebracht, berichtet Saacke. Und die Möglichkeit, die Biokisten online zu bestellen, habe auch das Kaufverhalten verändert. Kisten aus dem Angebot würden zwar auch weiterhin bestellt. „Aber immer mehr Leute stellen sich im Internet ihren individuellen Kisteninhalt zusammen.“
Seither liefert die „Höhenberger Biokiste“ längst nicht mehr nur Produkte aus der eigenen Gärtnerei, Landwirtschaft, Käserei und Bäckerei. „Der Trend geht bei sehr vielen Anbietern zum Vollsortiment“, sagt Kugler. Die Folge: Der Anteil der regionalen Produkte ist zwar auch weiterhin so hoch wie möglich. Wer jedoch zu jeder Jahreszeit alles anbietet, muss Biowaren auch importieren.
Umweltschützer unterstützen das Konzept der Biokiste. Der ökologische Landbau fördere die Artenvielfalt, setze keine Pestizide ein und sei klimafreundlich. Wichtig sei jedoch, den Anteil der regionalen Produkte möglichst hoch zu halten. „Da beginnt auch die Verbraucherverantwortung“, sagt der Nachhaltigkeitsexperte Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Genauso wie bei der Auswahl des Anbieters: „Natürlich sollten die Konsumenten darauf achten, dass sie ihre Kiste nicht bei einem Bringservice bestellen, der nur für einen Kunden eine extrem weite Anfahrt hat.“