Umweltbewusst: Bio-Gemüse vom eigenen Bauern
Sottrum (dpa) - Nicht nur bio, sondern auch regional. Umweltbewusste Verbraucher legen darauf zunehmend Wert. Direkt vom Bauern auf den Küchentisch - die solidarische Landwirtschaft macht das möglich.
Der Bauer Thomas Kröger ernährt auf diese Weise mehr als 40 Familien.
Kartoffeln aus Ägypten, Möhren aus Holland und Zwiebeln aus Argentinien. So ziemlich jeder Supermarkt hat inzwischen eine große Auswahl an Bio-Gemüse im Angebot - und das das ganze Jahr über. Dafür werden Gemüse und Früchte oft tausende Kilometer transportiert - umweltfreundlich sieht anders aus. Deshalb rückt das, was die Bio-Bewegung in ihrer Anfangszeit stark ausgemacht hat, wieder in den Fokus: regionaler Konsum, also Obst und Gemüse am besten vom Bauern um die Ecke.
Thomas Kröger ist so ein Landwirt. Auf dem Mirandahof in Sottrum, knapp 40 Kilometer von Bremen entfernt, bauen der 49-Jährige und seine Frau auf sieben Hektar Rüben, Kartoffeln, Kohl, Erdbeeren und andere heimische Früchte an. 44 Familien ernähren sie damit. Jeden Dienstag und jeden Freitag stellt Kröger Kisten mit frischem Gemüse auf den Hof, an denen sich seine Kunden nach Bedarf bedienen dürfen. „Jeder nimmt mit, was er braucht.“
Dafür erhält der Öko-Bauer monatlich von jeder Familie eine Pauschale von etwa 100 bis 160 Euro, abhängig von deren Zahlkraft. Der Rest basiert auf Vertrauen, denn keiner überprüft, wer wie viel mit nach Hause nimmt. Doch bisher ist keiner zu kurz gekommen, ist sich Kröger sicher. Solidarische Landwirtschaft heißt das Konzept, das folgendermaßen funktioniert: Eine Gruppe von Menschen beteiligt sich an den Kosten eines Hofes und erhält dafür einen Teil der Ernte.
Der Bauer ist damit gegen Ernteausfälle und schwankende Preise abgesichert. Die Kunden wissen, woher ihre Lebensmittel stammen und wie sie angebaut wurden. Während sich diese Idee in den USA, Kanada und Großbritannien seit Mitte der 80er Jahre unter dem Begriff „Community Supported Agriculture“ verbreitete, blieb es hierzulande bei einigen wenigen Höfen. Als Vorreiter gilt der Buschberghof nahe Hamburg, von dem sich Kröger und auch andere einiges abguckten.
19 Mitgliedsbetriebe zählt das kürzlich gegründete Netzwerk Solidarische Landwirtschaft zur Zeit. Doch ihre Zahl wird in Zukunft steigen, meint Christina Eiling von dem Netzwerk. „Die Zeit ist reif.“ Lebensmittelskandale, Horror-Berichte über Massentierhaltung und mit Chemikalien belastetes Gemüse sowie nicht nachvollziehbare Handelswege hätten die Verbraucher verunsichert. Immer mehr setzten deshalb auf regional statt global.
Doch das Angebot an heimischen Bio-Produkten bleibt weit hinter der Nachfrage zurück, wie aus einem Bericht des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zur Entwicklung der Branche hervorgeht. Danach bewirtschafteten im vergangenen Jahr rund 22 000 Bio-Höfe mehr als eine Millionen Hektar - im Vergleich zu 2009 ein Flächenzuwachs von knapp 6 Prozent und damit in etwa so viel wie in den Vorjahren.
Dennoch sind in den vergangenen Jahren die Importe kontinuierlich gestiegen, um den Bedarf decken zu können. Dadurch wächst die Konkurrenz für die deutschen Erzeuger, und der Preisdruck steigt. Aus diesem Grund sieht Elmar Seck von der Initiative Ökolandbau die solidarische Landwirtschaft vor allem als Chance für die kleinen Betriebe, die auf dem Massenmarkt nur schwer Fuß fassen können. „Das ist ein Modell, das noch in Deutschland zunehmen wird.“
Auf direkte Vermarktung setzen auch Bauernläden und das Angebot von Ökokisten. „Die Landwirte haben einen verlässlichen Absatz und einen höheren Gewinn, weil die Zwischenhändler ausgeschaltet sind“, erläutert Peter Bargfrede von der Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft, die seit Ende der 80er über einen Bauerlanden Lebensmittel aus Region vertreibt.
Thomas Kröger hatte jedoch einen anderen Grund, vor drei Jahren auf die solidarische Landwirtschaft umzusteigen. Ihm ging es nicht um die wirtschaftliche Existenz, sondern ums eigene Wohlergehen. Bevor er nach Sottrum zog, war er an einer Hofgemeinschaft im Ruhrgebiet beteiligt. Dort hatte er vor lauter Stress kaum noch Zeit für seine Kinder. „Ich war an der Grenze zum Burn-out.“
Noch wirft der Mirandahof nicht genug ab, um alle Kosten zu decken. Doch Kröger hat seine Entscheidung nicht bereut. „Wir haben viel mehr Freiraum.“ Auch die Entwicklung lässt den Bauern hoffen: Vor drei Jahren startete er mit 15 festen Kunden, inzwischen sind es fast sechsmal so viele.