Behandlung missglückt: Wenn der Tierarzt Fehler macht
Hamburg (dpa/tmn) - Es hörte sich nach einer harmlosen Routineoperation an: Der Tierarzt sollte einem Pferd zwei kleine Knochenfragmente aus dem Gelenk entfernen. Doch die Operation ging schief - seitdem lahmt das Pferd.
Es kommt immer wieder vor, dass Tierärzte Fehler machen.
„Generell haftet der Tierarzt dann, wenn er das Tier nicht so behandelt, wie es erforderlich gewesen wäre“, erklärt die Hamburger Rechtsanwältin Birgit Schröder. Im genannten Fall wurde es für den Tierarzt teuer. Er musste den Eigentümern des wertvollen Dressurpferdes, dessen Sportkarriere nun beendet war, 60 000 Euro Schadenersatz zahlen. So urteilte im vergangenen Jahr das Oberlandesgericht Hamm. Der Tierarzt habe die Eigentümer nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt, und die Behandlung sei grob fehlerhaft gewesen, begründete das Gericht die Entscheidung.
Ein Arzt kann bei einem Fehler dazu verpflichtet sein, die weitere Behandlung oder Schadenersatz zu bezahlen - letzteres gibt es in der Regel aber nur bei wertvollen Tieren. Der ideelle Verlust zählt nicht: Wenn der geliebte Hund wegen eines ärztlichen Fehlers stirbt, bekommt der Halter in der Regel keinen Schadenersatz.
Doch was tun, wenn der Tierhalter den Verdacht hegt, der Veterinär könnte einen Fehler gemacht haben? „Es ist immer empfehlenswert, sich eine zweite Meinung bei einem anderen Tierarzt einzuholen“, empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund in Bonn. Hierzu sollten die Behandlungsunterlagen mitgebracht werden, wie etwa Röntgenbilder oder Laborberichte. Jeder Tierarzt ist verpflichtet, dem Besitzer Kopien dieser Unterlagen zu geben. Der Halter kann dies damit begründen, dass er die kompletten Unterlagen selbst haben möchte.
Der behandelnde Tierarzt sollte dann möglichst rasch auf den möglichen Fehler angesprochen werden - vielleicht lässt sich die Angelegenheit so schnell und gütlich regeln. Jeder Tierarzt hat eine Haftpflichtversicherung, so dass er einen Schaden nicht aus eigener Tasche bezahlen muss.
Einigen sich beide Seiten nicht, können sich Betroffene im nächsten Schritt an die jeweilige Landestierärztekammer wenden. „Beschwerden über Behandlungen sind natürlich schon ein Thema bei uns. Einige der Landestierärztekammern haben auch extra Schlichtungsstellen“, sagt Claudia Pfister von der Bundestierärztekammer in Berlin. Das Ziel: Veterinär und Tierhalter sollen sich möglichst außergerichtlich einigen.
Denn der Weg zum Gericht ist für beide Seiten riskant und für den Tierhalter auf jeden Fall erst einmal teuer. Er muss die Kosten wie etwa für Gericht und Sachverständigen zunächst aus eigener Tasche bezahlen. Die Beweislast liegt meistens bei ihm - er muss also nachweisen, dass der Tierarzt einen Fehler gemacht hat. Gewinnt er den Prozess, bekommt er die Kosten erstattet. Im anderen Fall bleibt er jedoch auf ihnen sitzen. „Empfehlenswert ist ein Prozess daher eigentlich nur mit einer Rechtschutzversicherung im Hintergrund“, sagt Rechtsanwältin Schröder.
Im Prozess geht es zum einen um die oft schwer zu beantwortende Frage, ob der Tierarzt seine Pflichten verletzt hat. Dazu gehören unter anderem die korrekte Untersuchung, die Diagnose und Prognose, die Gabe von Medikamenten und die Aufklärung des Tierbesitzers. Hat er dabei einen Fehler gemacht, stellt sich die nächste Frage: Ist dadurch der Schaden überhaupt verursacht worden? Oder wäre zum Beispiel das Tier auch gestorben, wenn der Tierarzt es richtig behandelt hätte?
„Um dies zu klären, ist man meistens auf die Aussage eines Sachverständigen angewiesen“, sagt Rechtsanwalt Lars Jessen aus Hamburg. Das Gericht schickt einen Fragenkatalog an einen Tiermediziner, der als Sachverständiger arbeitet. Von seinem Ergebnis hängt auch meist die Entscheidung des Gerichts ab. Von Vorteil kann es sein, wenn das Tier in einer Tierklinik obduziert wurde.
Damit das Tier erst gar nicht falsch behandelt wird, kann der Halter zumindest ein wenig beitragen. Jessen empfiehlt, sich vor einer Behandlung ausführlich beraten zu lassen und nicht vor Fragen zurückzuschrecken. Denn jeder Tierarzt hat eine Aufklärungspflicht. Im Zweifelsfall sollte vor der Therapie eine zweite Meinung von einem anderen Tierarzt eingeholt werden. „Das ist wesentlich preiswerter als dann im Ernstfall der langwierige Weg durch die gerichtlichen Instanzen“, sagt Jessen.