Feste Rituale helfen bei Demenz von Tieren
Gerlingen (dpa/tmn) - Auf einmal macht die Katze neben ihre Toilette oder der Hund ist orientierungslos: Auch Tiere können an Demenz erkranken. Besitzer sollten sich darauf einstellen, indem sie feste Rituale einplanen und ihre Kommandos öfter wiederholen.
Jährlich erkranken in Deutschland 250 000 Menschen an Alzheimer. Betroffene finden sich in ihrer Umgebung nicht mehr zurecht, erkennen vertraute Personen kaum noch und vergessen nach und nach, was sie im Leben einmal gelernt haben. Doch auch Hunde und Katzen werden von altersbedingter Demenz nicht verschont. Wird die Krankheit rechtzeitig erkannt, können Medikamente und Spezialfutter die Symptome deutlich verringern.
Bisher seien die Krankheitsbilder bei Hunden und Katzen noch nicht weitreichend erforscht, sagt die Tierärztin Christine Esch, die für die Tierrechtsorganisation PETA im baden-württembergischen Gerlingen arbeitet. „Eine Wissenschaftlerin von der University of Edinburgh hat aber vor vier Jahren herausgefunden, dass in den Gehirnen alternder Katzen, die Anzeichen von Demenz zeigen, ähnliche Eiweißablagerungen auftauchen wie bei Menschen mit Alzheimer.“
Halter können an bestimmten Verhaltensweisen ihres Haustieres erkennen, dass es eventuell an einer altersbedingten Demenz leidet. „Hunde fangen an, sich in ihrer gewohnten Umgebung zu verlaufen. Sie stehen zum dann zum Beispiel verwirrt in einer Ecke hinter der Couch und finden den Rückweg nicht mehr“, erklärt Esch. Bei Katzen sei oft zu beobachten, dass sie vergessen, ihre Katzentoilette zu benutzen.
Sowohl Hunde als auch Katzen können entweder sehr anhänglich oder aggressiv werden. Auch ihr Tages- und Nachtrhythmus kommt durcheinander. „Die Tiere schlafen schlechter und zu anderen Zeiten. Manchmal werden sie nachts wach und sind orientierungslos, bellen oder mauzen laut“, sagt die Expertin.
Der Tierverhaltenstherapeut Ronald Lindner aus Leipzig hat bei erkrankten Hunden festgestellt, dass deren Interesse am Spiel verloren geht und Kommandos nur noch verzögert oder gar nicht ausgeführt werden. „Wer bei seinem Tier einige dieser Verhaltensweisen erkennt, sollte unbedingt einen Tierarzt aufsuchen“, rät Lindner.
„Der Tierarzt führt eine ausführliche Untersuchung des Herzens durch und entnimmt Blut für Labortests“, sagt Esch. Die Diagnose wird anschließend durch ein Ausschlussverfahren getroffen. „Es gibt andere Erkrankungen oder Stoffwechselveränderungen, die ähnliche Symptome wie die Altersdemenz hervorrufen können.“
Stellt der Tierarzt nach diversen Tests fest, dass der Hund an Demenz erkrankt ist, werde er neben Medikamenten auch Spezialfutter verordnen, erläutert Lindner. „Das ist mit Antioxidantien angereichert, die gegen Entzündungsherde im Gehirn wirken und so die geistigen Fähigkeiten verbessern.“
Wird die Krankheit jedoch nicht erkannt, schreite die Gehirndegeneration weiter voran, warnt Lindner. Das habe zur Folge, dass normale Steuerungsfunktionen ausfallen und der Zustand des Hundes so schlimm wird, dass er eingeschläfert werden muss. „Wann es ratsam ist, diesen Schritt zu gehen, muss letztlich jeder Besitzer selbst entscheiden, aber wenn das Tier nicht mehr fressen will, Schmerzen hat oder keine Lebensfreude mehr zeigt, sollte es erlöst werden“, sagt Esch.
Doch so lange es dem Vierbeiner den Umständen entsprechend gut geht, können Halter einiges dafür tun, dass dieser Zustand noch lange anhält. „Wichtig ist, jeglichen Stress zu vermeiden“, sagt Lindner. Ein älterer Hund, der ab und zu verwirrt ist, sollte zum Beispiel nicht auf Partys mitgenommen werden.
„Außerdem sollte der Mensch Rücksicht auf die individuellen Einschränkungen seines Hundes nehmen“, sagt die Hundetrainerin Manuela Zaitz aus dem nordrhein-westfälischen Moers. Das heißt, lieber mehrere kleine Spaziergänge mit wechselnden Routen anstatt stundenlanger Lauferei auf den immer gleichen Wegen.
Die bisherige Form der Kommandos sollte verstärkt werden. „Es kann sein, dass der Hund ein bloßes Rufen beim Spaziergang nicht mehr mitbekommt. Dann kann man zusätzlich mit einer Trillerpfeife auf sich aufmerksam machen“, empfiehlt Lindner. Überschwängliches Lob oder ein Extra-Leckerli können dem Hund zeigen, dass er etwas richtig gemacht hat.