Frühlingshafte Temperaturen reißen Igel aus dem Winterschlaf

Nordhastedt (dpa) - Der Winter blieb bislang aus - den Igeln fehlt daher die Kälte für einen Winterschlaf. Ihnen droht der Hungertod. Dirk Fußbahn von der Wildtierhilfe Fiel in Schleswig-Holstein kämpft um das Überleben jedes einzelnen Igels.

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„Dieser Winter ist nichts für Igel“, sagt Dirk Fußbahn, Chef der Wildtierhilfe Fiel. „Es ist zu warm und es ist zu nass.“ Deswegen sieht man zurzeit immer wieder Igel durch die Gärten tippeln. Besorgte Tierfreunde sammeln sie auf und bringen Fußbahn die abgemagerten Tierchen. „Es sind viel mehr als in den Jahren zuvor“, erzählt er.

Manche Igel haben verklebte und glanzlose Augen, andere eine trockene, verkrustete Nase. Einigen geht es so schlecht, dass sie sich nicht mehr einigeln und nur noch apathisch auf der Seite liegen können. Ihr Atem pfeift und rasselt, oder es quält sie ein schlimmer Husten. „In diesem Jahr waren viele bereits so geschwächt, dass ihnen niemand mehr helfen konnte“, berichtet Fußbahn. Trotz Rotlicht und Wärmflaschen, trotz Tierarzt und Medizin starben sie.

Normalerweise fressen sich Igel im Sommer und Herbst ein Fettpolster für die kalte Jahreszeit an. Auf ihrem Speiseplan stehen hauptsächlich Insekten. Werden die Tage kürzer und kälter und die Insekten seltener, ziehen sich die Tiere zum Winterschlaf zurück. Kein Problem für einen dicken, gesunden Igel: Bringt „Mecki“ wenigstens 500 Gramm auf die Waage, kann er den Winterschlaf problemlos aus eigener Kraft überstehen. „Weil er dann die kommenden Wochen und Monate von seinem Fettpolster zehren kann“, erklärt Fußbahn. Knapp ein Drittel des Körpergewichts verliert das Tier in dieser Zeit.

Doch manch junger Igel ist im November noch zu mager. Wenn er jetzt aufwacht, weil sein Nest vom Regen durchnässt oder weil die Außentemperatur auf zehn Grad geklettert ist, bricht er zu einer Kräfte zehrenden Futtersuche auf. „Er läuft dann stundenlang herum und findet höchstens mal eine Schnecke oder einen Wurm. Er verbraucht mehr Energie, als er durch die Nahrung wieder zu sich nimmt“, erläutert der Experte von der Auffangstation.

Derzeit hat Fußbahn vier Igel, die zum Einschlafen zu mager sind. Er füttert die kleinen Pfleglinge mit einem speziellen Igelfutter, Mehlwürmern und rohen Eiern - „und dazu immer ein bisschen Trockenfutter - das ist auch gut für ihre Zahnpflege“. Einen Igel aufzupäppeln, sei jedoch nicht nur Vergnügen. „Manchmal ist es richtig eklig“, erzählt er. „Das Schlimme am Igel ist: Er ist ein Schwein. Er macht ganz viel Dreck, kotet in sein Futter und schmiert den Kot an die Wände.“ Einmal am Tag muss sein Platz daher sauber gemacht werden.

Wenn der Igel ein halbes Kilogramm wiegt, kommt er ins Winterquartier. Das ist eine Plastik-Box mit Streu am Boden, darin eine umgedrehte Holz-Schachteln oder ein Pappkarton als Höhle - „so spartanisch eingerichtet reicht schon“ - und zwei Handvoll Heu, damit er sich daraus ein wärmendes Nest bauen kann. Und Spielzeug? „Der Igel soll nicht spielen, sondern fressen und schlafen, damit er im Frühjahr wieder ausgewildert werden kann“, betont Fußbahn.