Hundepsychologie: Wenn Herrchen zur Therapie muss
Frankfurt/Main (dpa) - Spielen und Gassi gehen gehört zum Standardprogramm. Aber nicht alle Hundebesitzer haben ein gutes Verhältnis zu ihren Tieren. Eine Hundepsychologin gibt Einblicke in die Seele der Vierbeiner.
Bei ihr lernen Menschen oft auch viel über sich selbst.
Willi hat wieder auf die Fliesen gepinkelt. Dass Frauchen die Lust vergangen ist, seine Pfützen aufzuwischen, kümmert den zwölf Wochen alten Puggle wenig - der goldfarbene Mischling liegt in der Sonne und döst. Miriam Arndt-Gabriel soll Abhilfe schaffen: Die 29-jährige Hundepsychologin therapiert gestörte Hund-Halter-Beziehungen und versucht dort anzusetzen, wo Konflikte entstehen. „Das Ganze ähnelt einer Paarberatung“, sagte die gebürtige Kölnerin.
Tatsächlich klingen die Probleme ihrer zwei- und vierbeinigen Patienten, als stammten sie aus einer kriselnden Ehe: zu wenig Lob, zu viel Kritik, kaum gegenseitige Beachtung. „Jeder muss sagen dürfen, was er gut findet, und was nicht.“ Von der preußisch-militärisch orientierten Erziehung hält Arndt-Gabriel wenig. Herrchen und Frauchen sollten ihre pelzigen Freunde mit Respekt behandeln und deren Grundbedürfnisse decken. Das Wissen für ihre Therapie zieht die studierte Philosophin aus ihrem Studium der Hundepsychologie an der Schweizer Akademie für Tiernaturheilkunde.
Wenn Pudelwohlsein in Hundeelend umschlägt, liege die Schuld oft bei den Züchtern, erklärt die Tiertherapeutin. „Der Züchter legt den Grundstein. Kofferraumwelpen aus schlechter Haltung haben sogar Angst vor Mülltonnen.“ Ein Border Collie sei in seinem Beschützer-Instinkt so überdreht gewesen, dass er die Kondensstreifen von Flugzeugen behüten wollte und prompt von einem Auto erfasst wurde. In solchen Fällen könne selbst eine Hundepsychologin nicht viel retten. Idealerweise prüften die Besitzer vorab, welcher Charaktertyp Hund in ihr eigenes Leben passt.
In ihren Werbeprospekten bezeichnet sich Arndt-Gabriel als „Hundephilosophin“, weil sich am Zusammenspiel von Hund und Mensch auch viele große Fragen über das Leben besser beantworten ließen. „Darf man einen Hund einschläfern, wenn er Schmerzen hat? Ist ein Leben unter Schmerzen überhaupt lebenswert? Welches Recht auf Leben hat der Hund?“ Solche Fragen ließen sich mit Hundebesitzern ungezwungen diskutieren, während das Thema aktive Sterbehilfe beim Menschen mit vielen Tabus besetzt sei.
An ihrem Umgang mit Haustieren könnten Menschen auch etwas über ihren Umgang mit Freunden und Partnern lernen. „Mein Hund ist keine Maschine, die Befehle ausführt“, erklärt Arndt-Gabriel. „Ich frage viele Kunden: Der Hund ist der beste Freund des Menschen, aber sind Sie auch sein bester Freund?“ Für zu viele Hundehalter sei ihr Tier nur die Projektion absoluter Treue ohne jegliche Gegenleistung.
Auch ihre fünf Jahre alte Tibet-Terrier-Dame Habca habe ihre Eigenheiten und Macken, muss die Hundetherapeutin schließlich eingestehen. Der angeborene Beschützer-Instinkt halte sie vom Essen ab, bevor Miriam Arndt-Gabriel und ihr Mann zu Hause sind. „Die Herde muss zusammen sein.“