Kaninchenbabys sind nichts zum Kuscheln
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Sie sind klein, flauschig und erobern mit Schlappohren und Schnuppernase fast jedes Herz: Kaninchenbabys gelten als putzige Haustiere. Doch sie sind auch empfindlich. Ständiges Hochheben und Einsamkeit stressen die Tiere.
Seine Möhren, sein Freilauf, seine Hasendame: Das sechsjährige Zwergkaninchen Pierro hat alles, was das Hopplerherz höherschlagen lässt. Gemeinsam mit Zwergwidder-Löwenköpfchen Madame Mim lebt er bei seiner Besitzerin Jessica Lucks im hessischen Idstein. Doch so gut wie diesen Kaninchen geht es längst nicht allen, weiß die Vorsitzende des Frankfurter Vereins Kaninchenberatung. „Kaninchen sind keine Kuscheltiere“, sagt sie.
Besonders Kinder wünschen sich oft einen kleinen Hoppler. Eltern müssen dann auf artgerechten Umgang achten: Weil auch Greifvögel von oben kommen, versetze Hochheben die Tiere in Stress und Angst, erklärt Lucks. Streicheln sollte man sie deshalb nur auf dem Boden. Auch schnelle Bewegungen, Lärm und Trubel mögen die Tiere nicht. Ab einem Alter von sieben Jahren könne man Kindern aber den richtigen Umgang mit den Langohren beibringen, sagt die Münchner Tierärztin Tina Hölscher.
„Es ist ein wundervoller Anblick, wie sich die Kleinen vom nackigen Zwerg zum stattlichen Kaninchen entwickeln“, sagt der Züchter Uwe Recknagel aus Arnstein. Nach der Geburt sind Kaninchen nackt, blind und taub. Ab dem dritten Tag wachsen ihnen Haare, ab Tag zehn öffnen sie die Augen. Mit zweieinhalb Wochen fressen die Jungtiere das erste Grünzeug, mit vier Wochen hoppeln sie los.
„Kaninchenbabys sind neugierig und schreckhaft, sehr bewegungsfreudig und auf Sozialkontakte zu Artgenossen angewiesen“, sagt Henriette Mackensen, Fachreferentin vom Deutschen Tierschutzbund. Wer sich für ein Schlappohr als Haustier entscheidet, kann es frühestens mit acht Wochen von der Mutter trennen.
Zur artgerechten Haltung gehört die richtige Rudelgröße. „Kein Kaninchen ist besser als ein Kaninchen“, sagt Lucks und warnt davor, die Tiere einzeln zu halten. Sie benötigen Artgenossen zum Putzen und Kuscheln, um sich wohl und in Sicherheit zu fühlen. Einzeln gehaltene Tiere entwickeln Verhaltensstörungen oder sind zumindest unglücklich. Paarhaltung sei das Minimum, ideal seien gemischt geschlechtliche Gruppen mit Männchen in der Unterzahl. Auf jeden Fall solle man die Böckchen kastrieren.
Ist die Truppe zusammengestellt, kann sie ihr Zuhause beziehen. Das kann drinnen oder draußen sein und sollte mindestens vier Quadratmeter pro Kaninchenpaar messen. Denn die Langohren wollen hoppeln, Haken schlagen und Männchen machen. Ein kleines Gehege für Jungtiere macht laut Hölscher keinen Sinn: „Nachdem aus jungen Tieren schnell Erwachsene werden, muss beim Platzbedarf nicht zwischen Jung und Alt unterschieden werden.“
Schon den jungen Hopplern muss immer frisches Heu zur Verfügung stehen. „Sie haben einen Stopfmagen“, erklärt Lucks. Deswegen sind sie auf das Nachschieben des Futterbreis durch andauerndes Fressen angewiesen. Zweimal am Tag empfiehlt Lucks zusätzlich Frischfutter, etwa 100 Gramm pro Kilogramm Kaninchen. Gut eignen sich Kräuter, Karotten, Sellerie oder Äpfel.
Neben den Anschaffungskosten zwischen 10 und 40 Euro kommen je nach Haltung für den Bau des Geheges ein paar hundert Euro dazu, schätzt Lucks. Für Gemüse, Heu und Einstreu müssen Halter für zwei Kaninchen 30 bis 40 Euro im Monat rechnen. Dazu kommen zwei jährliche Impfungen gegen Kaninchenpest und Chinaseuche für 80 Euro sowie die Tierarztkosten bei Krankheit.