Misshandelten Tieren helfen nur Geduld und gute Therapie
Hamburg (dpa/tmn) - Angst, aggressives Verhalten, Zerstörungswut: Solche Verhaltensweisen zeigen Hunde nach Misshandlungen. Wer so ein Tier bei sich aufnehmen will, braucht extrem viel Geduld und die Hilfe von Profis.
Enge Zwinger, kein Auslauf und vielleicht sogar Schläge: Hunde sind empfindsame Wesen. Werden sie nicht artgerecht gehalten, vernachlässigt oder misshandelt, kann das auf Dauer Spuren bei ihnen hinterlassen. „Genau wie beim Menschen können durch negative Lebensereignisse auch bei Tieren seelische Verletzungen und Traumata entstehen“, erklärt Barbara Schöning, Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz in Hamburg.
Zu den häufigsten tierschutzrelevanten Verstößen gehören Vernachlässigung, Isolation und Gewalt. „Die psychischen Schäden, die sie verursachen, sind unterschiedlich stark“, sagt Schöning. Das sei abhängig vom Charakter des Tieres. Die häufigsten Symptome sind Angst und Misstrauen, die das Tier ständig begleiten.
Ängste äußern sich durch körperliche Stresssymptome wie Zittern und Speicheln, starke Unterwürfigkeitsgesten oder sozialen Rückzug. Einige Tiere reagieren auch aggressiv, machen Drohgebärden oder schnappen zu.
„Aufgrund ihrer speziellen Eigenheiten ist der Umgang mit Hunden, die schlechte Erfahrungen gemacht haben, oft nicht einfach“, sagt Tierpsychologin Carmen Schmohl. Viele von ihnen lebten deshalb sogar dauerhaft in Tierschutzeinrichtungen.
Fakt ist, dass es zwar aussichtslose Fälle gibt. Ein Großteil der psychisch vorbelasteten Hunde kann jedoch seine Probleme überwinden. Voraussetzung dafür ist, dass sie in die richtigen Hände gelangen. „Es ist unter anderem wichtig, dass die Mensch-Tier-Chemie stimmt und die Hunde in ein Umfeld kommen, das ihre Ängste und Probleme nicht weiter schürt“, erklärt Karsten Plücker, Vorsitzender des Bundes gegen Missbrauch der Tiere.
„Soweit möglich sollte man herausfinden, welche Negativerfahrungen der betreffende Hund genau gemacht hat“, rät Katja Klimek, Tierverhaltenstherapeutin in Heidelberg. Außerdem sei es ratsam, sich mit der Körpersprache von Hunden zu befassen. So könne man die Gefühlslage der Vierbeiner besser identifizieren und etwa erkennen, wenn sie Angst haben.
Um einem traumatisierten Tier seine Angst zu nehmen, heißt es, zunächst einmal sein Vertrauen zu gewinnen. „Damit das gelingt, muss man ihm Zeit geben, sich an die neue Umgebung und einen selbst zu gewöhnen“, sagt Plücker. Sobald man merke, dass der Hund sich öffnet und zutraulicher wird, könne man versuchen, sein Verhalten zu ändern.
Die Strategien, die es dazu gibt, sind verhaltenstherapeutisch. Sie zielen darauf ab, die betroffenen Tiere an Angstreize zu gewöhnen und gegenzukonditionieren. „Ein Beispiel für Desensibilisierung wäre, wenn man einen Hund, der Angst vor lauten Geräuschen oder fremden Menschen hat, diesen schrittweise immer mehr aussetzt“, erläutert Schmohl. Nach und nach lerne das Tier, dass es sich davor nicht fürchten muss.
Bei der Gegenkonditionierung schwäche man den Angstreiz nicht nur ab, sondern verknüpfe ihn zusätzlich mit einer neuen positiven Erfahrung, wie etwa einem Leckerli. So wird die Negativkette aus Angstreiz und -reaktion durchbrochen.
Wer nur wenig Hundeerfahrung hat, sollte sich am besten professionelle Hilfe holen, damit sich keine generalisierte Angststörung entwickelt. „Ein gut ausgebildeter Tierpsychologe oder -verhaltensberater hat das nötige Fachwissen, um Angstauslöser zu erkennen und tiefsitzende Probleme anzugehen“, sagt Klimek.