Schwarz und schlau Rabenvögel sind besser als ihr Ruf
Tübingen (dpa/tmn) - Sie nisten in Gärten, gehen in Parks auf Futtersuche oder plündern Mülltonnen: Rabenvögel sind in Städten und Dörfern allgegenwärtig. So zum Beispiel die Rabenkrähe, die hierzulande am häufigsten vorkommende Art.
Während die Rabenkrähe im Westen verbreitet ist, trifft man östlich der Elbe auf ihre nahe Verwandte, die schwarz-graue Nebelkrähe. Seltener, aber wegen seiner Größe umso beeindruckender ist der Kolkrabe. Der König unter den Rabenvögeln kommt auf eine Flügelspannweite von bis zu 1,3 Metern. Hat ein Kolkrabenpaar sein Revier besetzt, verteidigt es dieses ganzjährig gegen Artgenossen.
Die vergleichsweise kleine Elster fühlt sich in Gärten und Parks wohl. Sie gilt als eifrige Baumeisterin. So schafft sie auch Brutplätze für Vogelarten, die selbst keine Nester bauen, wie Baumfalken und Waldohreulen. Mit ihrem schwarz-weißen Gefieder unterscheidet sie sich deutlich von anderen Rabenvögeln.
Unverwechselbar ist auch der Eichelhäher mit seinen blau gefärbten seitlichen Flügelfedern. Ursprünglich lebt er in Wäldern, wagt sich aber zunehmend auch in Dörfer und Städte vor. In einigen Gegenden, vor allem im Westen Deutschlands, kann man auch Dohlen und Saatkrähen beobachten.
Rabenvögel gelten als sehr intelligent. Sie erreichten ein Niveau, das durchaus mit Menschenaffen vergleichbar ist, erklärt der Neurobiologe Prof. Andreas Nieder von der Universität Tübingen. „Rabenvögel sind sehr sozial und berücksichtigen das Verhalten der Artgenossen bei ihren Entscheidungen“, nennt Nieder ein Beispiel für die Intelligenz der Tiere. In Tests mit Rabenkrähen haben er und seine Kollegen gezeigt, dass die Tiere abstrakte Konzepte wie gleich und ungleich verstehen. Außerdem verfügen sie über eine besonders hoch entwickelte Objektpermanenz. Sie durchschauen also, dass Gegenstände nicht verschwunden sind, nur weil sie diese nicht mehr sehen können. Darin sind sie sogar Hunden und vielen Affenarten überlegen.
Ihre Intelligenz ermöglicht es vielen Rabenvogelarten, sich an neue Lebensräume anzupassen. Längst haben sie herausgefunden, dass es sich in Dörfern und Städten gut leben lässt. „Die Bestände verlagern sich mehr und mehr in den Siedlungsbereich“, bestätigt Lars Lachmann, Referent für Ornithologie und Vogelschutz beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). In menschlicher Nähe gibt es reichlich Nahrung für die Allesfresser: In Gärten und Parks finden sie Insekten, Käfer und Würmer, fressen verendete Tiere oder stibitzen Essensreste aus Mülleimern.
Auf menschliche Futtergaben sind Rabenvögel nicht angewiesen. „Sie finden selbst genug Nahrung“, sagt der Ornithologe Carsten Hinnerichs. Wer die großen Vögel mit Futter anlockt, macht sich bei seinen Nachbarn schnell unbeliebt. Auch aufgerissene Müllsäcke oder im Garten verteilte Kompostreste steigern nicht gerade die Sympathie für Rabenkrähen oder Elstern.
Was für Naturfreunde oft noch schwerer wiegt, ist die Nesträuberei vieler Rabenvögel. Lachmann sieht das pragmatisch: „Bei der Amsel beispielsweise ist es biologisch eingeplant, dass mal ein Nest geplündert wird.“ Normalerweise legt das Weibchen erneut Eier - oder das Amselpaar zieht in den Nachbargarten um. Rabenvögel schaffen es aber nicht, andere Singvogelarten großflächig zu verdrängen.