Vögel brauchen Zeit zum Eingewöhnen
Berlin (dpa/tmn) - Vögel sind von Natur aus scheu. Sie an den Menschen zu gewöhnen, braucht deshalb Zeit. Mit ein paar Tricks und Ruhe können Besitzer es aber schaffen, dass der Vogel ohne Furcht auf ihren Finger springt.
Der Vogel hüpft munter durch den Käfig und springt gleich unerschrocken auf die Hand, wenn man sie ihm hinhält: So etwas wünschen sich wohl die meisten Vogelhalter. Allerdings ist es nicht immer so - manche Haustiere sind sehr scheu. Das kann verschiedene Gründe haben.
„Vögel sind Fluchttiere“, erklärt Sandra Giltner, Fachreferentin vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. „Sie versuchen zu fliehen, wenn sie Angst haben.“ Vogelzüchter Dieter Wirges, langjähriger Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchter-Bundes, ergänzt: „Das Fluchtverhalten gehört zum natürlichen Verhalten von Vögeln. Sie sind keine Tiere zum Kuscheln, ihre Scheu ist ihnen nur schwer zu nehmen.“
Diese Schwierigkeit kennt auch German Alonso, Tierpflegemeister vom Weltvogelpark Walsrode. „Wenn man einen Vogel von klein auf bei sich hat, ist das ein optimaler Start“, sagt er. „Denn je älter ein Vogel ist, desto größer ist das Risiko, dass er schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat.“
Allerdings ist es auch von der Art der Tiere abhängig, ob sie eher auf Menschen zugehen oder nicht. „Vögel wie Sittiche oder Papageien brauchen Gesellschaft“, sagt Fachmann Wirges. Es könne deswegen einfacher sein, sie an Menschen zu gewöhnen. „Man sollte sich vor dem Kauf gut informieren, wie der Charakter einzelner Arten ist.“
Wichtig ist außerdem, wie ein Vogel beim Züchter aufgewachsen ist. „Es gibt dabei zwei Möglichkeiten“, berichtet Tiertrainer Alonso. „Wenn die Jungvögel von ihren Eltern aufgezogen werden, kennen die Tiere die Menschen meist nicht so gut, sondern haben eine natürliche Distanz zu ihnen.“ Werden Jungvögel von Hand aufgezogen, seien die Tiere besser an Menschen gewöhnt und hätten später weniger Scheu.
Der Deutsche Tierschutzbund lehnt es jedoch ab, sich aus diesen Gründen bewusst einen Vogel zu suchen, der mit der Hand aufgezogen wurde. „Eine Handaufzucht, die nicht aus medizinischen Gründen erfolgt - zum Beispiel, weil die Mutter gestorben ist -, lehnen wir generell ab“, sagt Sandra Giltner. „So werden die Tiere nämlich künstlich auf den Menschen geprägt, nur um sie zahm zu machen.“
Wer im Heim oder bei einem Züchter einen geeigneten Vogel gefunden hat, sollte zudem einige Dinge beachten, wenn er das Tier zu sich nach Hause holt. „Kommen sie in eine neue Umgebung, sind sie meist eingeschüchtert und zurückhaltend“, sagt Tiertrainer Alonso. Er rät deswegen, sich besonders in den ersten Tagen ruhig zu verhalten und nicht laut und hektisch zu sprechen. „Dann gewöhnt sich der Vogel schneller ein.“
Wie lange es dauert, bis ein Vogel handzahm ist, kann sehr unterschiedlich sein. „Einige Tiere sind nach einer Woche zutraulich, andere erst nach mehreren Jahren“, sagt Züchter Wirges. Tierpflegemeister Alonso empfiehlt daher, sich behutsam vorzutasten.
Am besten sei es, kleine Schritte zu machen. „Beim Züchter kann man erfragen, welches Futter der Vogel besonders mag - oder es selber herausfinden“, so Alonso. Meist mögen die Tiere in Futtermischungen einige Teile besonders gern. „Diese kann man herausnehmen und nach einiger Zeit mit der Hand füttern.“ Zuerst sollte man die Hand mit dem Lieblingsfutter durch die Gitterstäbe in den Käfig halten, nach einiger Zeit dann die Käfigtür aufmachen und die Hand vor den Eingang halten. „Irgendwann hat der Vogel dann vielleicht so viel Sicherheit und Vertrauen gewonnen, dass er von selber rauskommt und auf die Hand hüpft.“