Gefährliche Leckerbissen Wildtiere leiden unter falschem Futter
Köln (dpa) - In aller Ruhe öffnet der Mann am Damwild-Gehege seinen Rucksack, wirft klein geschnittene Äpfel und Paprika über den Zaun. Die Schilder, die mitgebrachtes Futter im Tierpark verbieten, ignoriert er.
„Sowas erleben wir hier fast täglich“, klagt Corinna Diesner, Tierpflegerin im Wildpark Köln-Dünnwald. Dort ist Tiere füttern zwar erlaubt - allerdings nur mit Futter aus den aufgestellten Automaten. „Aber manche Besucher sind einfach unbelehrbar.“ Auch andere Tierparks kennen das Problem.
Ob Brötchen, Toastbrot, Kartoffelschalen oder Essensreste - immer wieder finden die Mitarbeiter Futter in den Gehegen, das dort nicht hingehört. „Beliebte Mitbringsel sind auch Mandarinen - die fliegen so schön weit. Und ungekochte Nudeln, am besten Spaghetti - die kann man gut durch den Zaun reichen“, ärgert sich Diesner. Wegen der Nudeln hat der Park inzwischen sogar gesonderte Hinweise auf den Futterautomaten angebracht: „Keine Nudeln füttern! Sie schaden damit den Tieren!!!“
Denn die Wildtiere könnten durch nicht artgerechtes Futter ernsthafte gesundheitliche Probleme bekommen. „Unsere Mufflons zum Beispiel kriegen davon Durchfall oder Magenbeschwerden“, sagt Diesner. „Das sind Wiederkäuer, die können so viele Kohlenhydrate nicht vertragen.“ Im Kölner Tierpark Lindenthal ist kürzlich ein Hirsch gestorben - die Betreiber vermuten mitgebrachtes Futter als Ursache.
„Tiere füttern ist ja eigentlich toll“, sagt Anette Perrey, Leiterin des Oberhausener Tiergeheges im Kaisergarten. „Menschen kommen in direkten Kontakt zu Tieren, und umgekehrt freuen die Tiere sich über die Beschäftigung.“ Falsches oder zu viel Futter richte aber Schaden an.
Perrey erzählt, dass im Tiergehege früher das Füttern mit Möhren erlaubt war - so habe man es geschafft, dass Besucher nur noch selten ungeeignete Nahrungsmittel wie Nudeln und Kartoffeln mitgebracht hätten. Doch dann sei das mit den Möhren irgendwann so viel geworden, dass bei Tieren wegen der einseitigen Ernährung vermehrt Erkrankungen wie Fettleibigkeit auftraten. „Seitdem ist nur noch Futter aus unseren Automaten erlaubt“, sagt Perrey. Dabei handele es sich im Wesentlichen um Pellets aus getrocknetem Gras.
„Wildtiere sind Outdoor-Profis mit speziellen Futteransprüchen“, betont Thorsten Wiegers vom Naturschutzbund NABU NRW. „Was für Menschen lecker und bekömmlich ist, ist nicht unbedingt auch für Tiere geeignet.“
Auch das beliebte Entenfüttern an Seen und Teichen könne gravierende Folgen haben, vor allem wenn zu viele Brotreste im Wasser landen. Denn abgesehen davon, dass Brot eigentlich kein artgerechtes Fressen sei, locke es viele zusätzliche Vögel an. Deren Kot und die Brotreste entzögen dem Gewässer Sauerstoff, so dass es kippen könne. Hitze verstärkt diesen Effekt.
Im Bonner Rheinauensee etwa sind im Juni mehrere Hundert Fische und dutzende Enten verendet. Die Tiere starben nach Angaben der Stadt wahrscheinlich an Vergiftungen, verursacht durch Bakterien in dem durch Kot und Essensreste verschmutzten Wasser.
An vielen Gewässern stehen mittlerweile Schilder, die das Füttern von Enten verbieten. In Essen etwa gilt nach Angaben der Stadt seit 2017 ein Fütterverbot im gesamten Stadtgebiet. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 1000 Euro.
„Einerseits ist Entenfüttern zwar nicht gut, andererseits ist es aber besonders für kleine Kinder ein schönes Naturerlebnis“, räumt NABU-Sprecher Wiegers ein. Doch auch wo Füttern nicht ausdrücklich verboten ist, sollten Spaziergänger nicht wahllos Brot ins Wasser schmeißen, damit hinterher nicht die Reste dort herumtreiben. „Man sollte lieber am Ufer etwas warten, bis sich die Enten näher herantrauen und ihnen dann das Futter gezielter hinwerfen.“