Hilden. "Eingegangen in die ewigen Jagdgründe", "Hat das Ruder endgültig aus der Hand gelegt" oder "Ist zu seiner letzten großen Reise angetreten". Drei Beispiele, die zeigen, dass in Todesanzeigen häufig der Tod eines Menschen umschrieben oder zumindest durch "Lyrik" kaschiert wird. Der Journalist und Theologe Helmut Ruppert hat in 25 Jahren mehrere tausend Todesanzeigen zusammengetragen und im Hildener Fabry-Museum einer Analyse unterzogen. "Als Abbild des Zeitgeistes haben sie sich ebenso gewandelt wie der Zeitgeist selbst - in Inhalt wie in Form", so der Experte. Religiöse Bekenntnisse seien seltener geworden, stattdessen finde man auf den Seiten mit den schwarz umrandeten Anzeigen inzwischen sehr persönliche Formulierung oder auch exaltierte Layout-Spielereien.
Anzeigen aus 25 Jahren analysiert
Der "totgeschwiegene Tod", so Ruppert, wird häufig durch die barmherzige Lüge ersetzt. So werde oft der frühere Beruf des Verstorbenen mit seinem Ableben in Verbindung gebracht. Ein ehemaliger Pilot hat "zu seinem letzten Flug abgehoben", einem Jäger wurde "zum letzten Hallali geblasen" oder einem Architekten wurde "der Bleistift aus der Hand genommen". Nicht wenige der von Ruppert entdeckten Todesanzeigen fallen durch unfreiwillige Komik und durch Stilblüten auf, andere gleichen tatsächlich in ihrer Schwülstigkeit posthumen Führungszeugnissen. Die erste Anzeige, die zum Anlass für sein ungewöhnliches Hobby wurde, entdeckte Ruppert 1972. Da hieß es, ein 80 Jahre alt gewordener früherer Generalfeldmarschall der Reichswehr "meldet sich ab" vom irdischen Dasein. Eher gewöhnungsbedürftig dagegen eine Anzeige, die von der Neuen Züricher Zeitung abgelehnt wurde und dann in einem Blatt erschien: "Ich bin umgezogen. Meine Anschrift lautet: Friedhof Innenstadt, Reihengrab 321. Über Besuche freue ich mich." Traurig dagegen solche Anzeigen, in denen ein Bestatter steif und unpersönlich erklärt: "Wurden wir beauftragt, den Tod von ....... bekannt zu geben". Gelegentlich werden über Todesanzeigen sogar noch erbitterte "Rosenkriege" und Familienfehden über das Grab hinaus ausgetragen, weiß Ruppert zu erzählen. "Er war ein Vorbild menschlichen Versagens", hieß es etwa in einer Todesanzeige über einen Kölner Hochschullehrer. "Meist aber sterben - zumindest in den Todesanzeigen - nur die guten Menschen", so Ruppert.