Wahltarif: Nicht vorschnell die Kasse wechseln
Verbraucherschützer raten: Versichterte sollen erst noch abwarten.
<strong>Berlin. Selbstbehalte, Kosten- und Beitragsrückerstattungen - die Wahltarife der gesetzlichen Krankenkassen, die zum 1. April möglich sein werden, klingen so, als könnten Versicherte mit ihnen in Zukunft viel Geld sparen. Das stimmt allerdings nur bedingt, warnen Verbraucherschützer. Denn manche Tarife, die auf Kostenersparnis zielen, belohnen nur gesunde Menschen. Außerdem haben zum Stichtag längst noch nicht alle Krankenkassen ihre Tarifmodelle ausgearbeitet. Ein umfassender Vergleich ist deshalb noch gar nicht möglich. Es geht aber nicht bei allen Tarifen nur darum, den Kassen möglichst wenig zur Last zu fallen. Die Gesundheitsreform verpflichtet die Krankenkassen auch, besondere Versorgungsformen einzuführen. So müssen sie zum Beispiel hausarztzentrierte Versorgung und Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten anbieten. Wer daran teilnimmt, also zum Beispiel immer erst den Hausarzt aufsucht und sich erst dann an den Facharzt überweisen lässt, wird mit kleinen Boni wie Prämien oder Ermäßigungen bei den Zuzahlungen belohnt. "Das sind Programme, die die Qualität erhöhen", sagt Thomas Isenberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin. Diese Tarife seien zu empfehlen, weil Versicherte meist ohne Nachteile wieder aussteigen können.
Der Versicherte gibt sein Kündigungsrecht auf
Bei anderen Wahltarifen, die die Krankenkassen ab dem 1. April freiwillig anbieten können, ist das dagegen nicht der Fall, warnt Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW. Denn bei diesen Wahltarifen binden sich die Versicherten für drei Jahre und geben ihr Sonderkündigungsrecht auf. Das heißt, selbst bei Beitragserhöhungen können die Krankenversicherten nicht mehr wechseln.
Zu den freiwilligen Wahltarifen gehören zum Beispiel Selbstbehalte. Der Patient erklärt sich bereit, die Kosten bis zu einem bestimmten Betrag selbst zu übernehmen. Bleibt er in diesem Rahmen, erhält er am Ende des Jahres eine Prämie - maximal 600 Euro. Die Höhe des Selbstbehalts staffeln die meisten Kassen nach dem Einkommen. Untersuchungen zur Vorsorge und Früherkennung werden nicht miteingerechnet. Dieses Model sei eher etwas für Gesunde.
Daneben können die Kassen auch Beitragserstattungen anbieten. Wenn der Versicherte ein Jahr lang außer zu Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen nicht zum Arzt geht, bekommt er einen Teil des Jahresbeitrags zurück, maximal aber ein Zwölftel. Nicht nur der Versicherte, auch Familienversicherte dürfen in dem Jahr keine Leistungen außer der Vorsorge in Anspruch nehmen.
Eine andere Möglichkeit ist die der Kostenerstattung. "Da mutiert der Versicherte zum Privatpatienten", so Wolfgang Schuldzinski. Der Arzt stellt dem Patienten eine Rechnung aus, deren Betrag die Kasse dann zu einem bestimmten Anteil übernimmt. Das könnte für manche Patienten zum Vorteil werden, denn der Arzt wird ihn nicht mehr abweisen, weil er nicht auf sein Budget achten muss.